Motorbootfahren ist wie Autofahren!!! Achtung: Nur bei einer Tasse Beruhigungstee lesen! Kanlfahrt erster Teil

 

wir starteten am 6.7. in den Canal de la Robine. Die Untiefe unter der ersten Brücke umschifften wir vorsichtig und zogen nur leichte Spuren in den schlammigen Grund. Von nun an ging es leichter. An steuerbord wie an backbord zogen sich weite Seen, die Etangs, und wir im Fahrwasser des Kanals nur durch die Uferböschung von ihnen getrennt. Ein Radweg zog sich den Etang entlang. Weiter hinten im Land sah man sanfte Berge und auf den Inseln alte Gemäuer. Die ersten Kilometer waren die schönsten des Kanals. Wenn man keine Lust hatte weiter zu fahren, konnte man sich an einen der vielen Naturanleger (Steinpoller auf der Uferböschung) oder einfach so an die Böschung legen und an den Bäumen festmachen, was in Frankreich tolleriert wird. Die ländliche Gegend mit ihren weiten Feldern und kleinen Ortschaften gefiel uns sehr gut. Und nicht nur uns. Es waren viele Radfahrer mit Failienanhang unterwegs und auch ein paar Aussteiger hatten ihre Zeltstädte mit Minivorgärten und Sonnensegel am Wegesrand aufgebaut.

Die Capitina war ganz aufgeregt wegen der Schleusen. Aber schon die ersten von den heutigen 5 zeigten ihr, daß es halb so 'wild' ist. Besonders wenn man sich gar nicht an Bord befinden muß. Es handelte sich die ganze Zeit über um Automatikschleusen. Das heißt das Leinenäffchen wird am Warteponton (falls keiner vorhanden, dann mitten ins Grün) abgesetzt, rennt zur Schleusenkammer und leitet über ein idiotensicheres Paneel die Schleusung ein. Die Bedienungsanleitung ist sogar mehrsprachig, wenn auch nur das Französische richtig geschrieben ist. Aber was der Franzose nicht spricht, kann er ja auch nicht richtig schreiben. So drucke ich Knöpfe und schleuse auf. Manchmal rennt die Capitina zurück und hilft dem Capitano beim Ablegen, aber meist schafft er es allein und sie wartet oben am Paneel. Dann werden die Leinen von unten hochgeworfen, umgelegt und der Spaß wird per Startknopf eingeleitet. So kann einer von unten und einer von oben die Seilarbeit machen. Die Capitina wird wieder ordnungsgemäß eingepackt, wenn das Boot oben schwimmt und man fährt gemütlich wieder aus der Schleuse raus. Soviel zum Idealfall. Die Realität ist leider, daß wir hier nicht so allein waren, wie wir gehofft hatten. Es herrschte reges Treiben auf Frankreichs Wasserstraßen. Und zwar gegen Schleusentore, quer in der Kammer und vor den Toren, bei Wind, gegen Böschungen, Anleger und andere Boote beim Anlegen, einfach mal so, wenn das Steuer auf gerader Strecke rumgeschleudert wird und und – eigentlich immer. Ich rede vom Treiben der Charterboote! Es ist beängstigend. Wenn man meint es kommt ein Gewitter, weil man ein Donnergrollen gehört hat, erst zu den Schleusentoren gucken, weil oft ist es 'nur' ein 42Fuß Charterboot das gegen die Tore knallt. Wir haben es mit eigen Augen gesehen. Bei diesen 'Manövern' steht mir immer das Bild vom Hund mit dem langen Stock im Maul vor Augen, der quer durch die Tür will und solange gegen den Rahmen rennt, bis er sich durchgewurschtelt hat. Ja, und das bei jeder Tür, weil eine Menge Fehlversuche erforderlich sind , bis so ein Hund lernt. Dementsprechend haben wir großen Respekt vor den Charterern und hielten noch größeren Abstand von ihnen. Wir ließen sie oft schon weit vor der Schleuse passieren oder winkten sie vor uns in die Schleuse, aber genauso oft half nur beten. Das Schlimme ist, daß man den Leuten in Frankreich einfach so, ohne Führerschein und ausreichend Einweisung, diese vollbefenderten Monstren in die Hände drückt und ihnen dann noch sagen: BOOT FAHREN IST WIE AUTOFAHREN. Es sind meist unerfahrene Kapitäne und auch Crews deren Höchstalter bei 20 liegt. Mit Bierkisten beladen machen sie halt ihren Freizeittörn. Es ist erstaunlich, daß es in Frankreich gestattet ist, auf diese Weise ein Weltkulturerbe zu ledieren (als wenn man eine Go-Kart-Bahn in die Akropolis baut). Ich muß da mal ein Wörtchen bei Monsieur Hollande verlieren. Die Charterer sind aber nicht immer nur unerfahren. Wir trafen auch erfahrene Segler, seit zich Jahren erprobt im Umgang mit Booten, wohl wissend um diese einschlägigen Boote und sie machen bei diesem Gebolze mit! Zur Verteidigung wurde uns gesagt, daß diese 'Le Boat'- und 'Canolous'- Boote sich grauenhaft fahren. Also sehr schwammig, sehr verzögert reagieren und oft nicht gut in Schuß sind. Aber wieso muß man denn dann dafür sein Geld rauswerfen und alle in Angst und Schrecken versetzen?! Demnach sind also diese Boote weder von erfahrenen Führerscheinbesitzern, noch von Greenhorns mit Abenteuerlust oder von Suizidgefährdeten zu händeln und damit fahren sie sich definitiv nicht wie Autos! Manche Leute meinen ja immer noch hätten alles unter Kontrolle und tun dies auch kund, um in der nächsten Minute einem das Gegenteil beweisen... Es war eine aufregende Zeit für uns und nur die Frage bleibt, die ich mir immer wieder stelle,: Wo ist da jetzt der Spaß dabei? Ich würde mich nicht so blamieren wollen... Diese Bolzstrecke ist nun aber auch bekannt dafür und so tummeln sich dort alle Autoscooterfreaks und nur wenig hartgesottenen Bootsbesitzer wagen die Strecke unter Lebensgefahr den Midi entlang -meist notgedrungen, so wie wir.

Übrigens: mit Rad und Zelt kann man diese Gegend auch sehr gut erkunden oder aber auch mit Wohnwagen, falls man was sucht, das wie Autofahren ist!

 

Von dieser Kleinigkeit abgesehen, ist die Strecke wunderschön und man kann verstehen, daß es so viele dort hinzieht. Mediteranes Flair, kleine Ortschaften, Weinfelder, antike Bauten und die Tranquillo-Mentalität der Spanier. Es ist wirklich sehr einladend.

In Narbonne, an der Schleuse, trafen wir auf die erste Kontrolle unserer Vignette und die ersten Charterer die grad die Einweisung zu Ende bekommen hatten (500m vor der Schleuse sitzt die Charterfirma). Die VNF – Schleusenwärterin sah wohl unseren ängstlichen Blick und verdrehte zum Zeichen ihrer Solidarität mit uns die Augen. Außerdem warnte sie uns, daß wohl noch 3 Charterer kommen. So hatten wir von ihr die dankbar angenommene Chance, alle durchzulassen und die restlichen Schleusen allein zu bewältigen. Gedacht, gesagt, getan. Nach einem misslungenen Versuch, an einem der zahlreichen Naturanleger (auf der Böschung am Kanal sind Poller ins Gras gesetzt) anzulegen und dabei durch unseren Tiefgang eine Wurzel verletzt haben (zum Glück nur die und nicht die Anima) legten wir uns vor die außer Betrieb gesetzte Schleuse Moussoulens am km 0 des Canal de la Robine in die Büsche und blieben dort auch noch den ganzen nächsten verregneten Tag. Der Kanal war hier wie eine Allee, von alten großen Bäumen gesäumt. Häuser und Höfe waren (bis auf das Schleusenhaus) erst in ein paar Kilometern sichtbar, vor uns rauschte die Aude über die Stauung und um uns hinter den Bäumen die Weinfelder. Sehr idyllisch. Am 8.7. bogen wir also nach der Querung der Aude in den Canal de Junction. Diesen 5km langen Kanal mit 7! Schleusen war dann auch der Canal des Grauens, weil wir dort die Begegnung mit einem Charterboot hatten, die uns durch Quertreiben beim Ausfahren auf die Schleusenwand drückte. Das Wasser stand so hoch, daß nur ca 15cm der Wand über dem Wasser stand. Als das Boot auf uns zu driftet, drückt es uns voll gegen die Wand, die Fender rutschen hoch und wir schaben mit der Steuerbordseite die Wand entlang. Es dauerte auch eine Weile, bis die segelerfahrene Crew das Charterboot unter Kontrolle hatte und wir schwitzten Blut und Wasser. Zum Glück haben wir nur ein paar Kratzer abbekommen, aber ärgerlich ist es. Vor allem, da uns dieser Charterkapitän sagte, daß wir ohnehin nicht damit rechnen könnten, ohne Kontakt hier durch die Kanäle zu kommen. Rückblickend kann ich jenem sagen: Doch! - Bis auf eben diese eine Berührung mit ihm!!!!!

Der Schlüssel ist, immer Abstand halten, beim Anlegen helfen und immer als letzter in die Schleusen fahren, wenn man es nicht schaffen sollte allein zu schleusen. Das funktioniert sehr gut und es hat ja auch einigen Unterhaltungswert, wenn man die Manöver der Charterer beobachtet – mit entsprechendem Abstand. Wenn wir Motorbootfahrer mit ihren eigenen Booten sahen, fiel uns ein riesen Stein vom Herzen und das waren dann auch die besten Begleiter beim Schleusen .

 

Die Fahrt war also trotzdem schön und unterhaltsam, bis auf diesen Vorfall. Mit dem nötigen Abstand, können wir auch sagen: Alles nur 'ne kleine Lapalie. Bis auf eine Ausnahme, sagten uns alle deutschsprachigen Motorbootfahrer, die den Midi mit dem eigenen Boot gefahren sind: Einmal und nie wieder! Wir schließen uns dem an und fügen hinzu: Zumindest nicht mit dem eigenen Boot. Was vielleicht auch der Grund ist, für das viele chartern in Frankreichs schönen Wassergärten.

 

aktualisiert: 04.11.14

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