Ausraster oder von Motril nach Valencia
Am 19.5. starteten wir gestärkt in Richtung Motril. Als wir El Candado verlassen bläst wenig Wind aus SW. Nach 32 sm schauen wir mal kurz bei La Mona rein. Ein kleiner wunderschöner Privathafen. Er wird auch Marina del Este genannt. Der Hafenmeister war sehr freundlich, obwohl er uns schon mit dem ersten Satz warnte, daß es hier sehr teuer sei. Ich tat mal so als gehöre ich zu den 1% der oberen 10.000, die nicht gleich mit ihrem Reichtum protzen wollen und wippe ein wenig mit meinen schicken roten All Stars aus Thailand. Hey ich bin schließlich auf einer YACHT unterwegs!!! Süffisant frage ich: „Quanto es mucho?“. Ph! 41 € die Nacht. Also bitte! Welcher Arbeitslose kann sich das nicht leisten? 3 Tage auf die hartzer Currywurst verzichtet und schon geht’s ab. Deutschland ist doch so reich?! Das hat mir auch schon ein indischer Ladenbesitzer erklärt, als er hörte wo ich herkomme. Für die Postkarten sollte ich dann doppelt soviel bezahlen. Aber bitte: Wo ist hier mein Willkommenschampagner – oder wenigstens einen Bund frischer Rosen. Der rote Teppich wäre doch wohl das Mindeste! Nach längerem Abschätzen stelle ich fest, daß der Tag noch jung ist und der Capitano noch fit. Wir motorsegeln also höflich weiter. Ob da die Wasserhähne doch aus Gold waren oder stehen auf dem Klo Geiger bereit? Beim nächsten Mal vielleicht... wenn ich nicht so underdressed bin. Konnte auf die Schnelle in meinem begehbaren Bordschrank die Manolos nicht finden... Außerdem hat der Hund meine Louis Vuitton angeknabbert – also nicht vorzeigbar und ich hatte auch noch keine Zeit zum bordeigenen Friseur im Ankerkasten zu gehen.... Ach ich könnt ewig so weiter machen...
Als wir in Motril ankommen, machen meine All Stars doch noch Eindruck und wir bleiben für den Billigtarif von 15 Eus die Nacht hier – auch wenn es nicht ganz meine Klasse hat!
In Motril sind die Aseos der Hammer. Also die Waschräume sind die besten die ich bisher auf der Reise gesehen hab. Mosaikkacheln in rottönen zu einem Wellenmuster angeordnet der Rest der Wände und Decke in der wärmsten aller Farben: Orange - Sonnenuntergangsfeeling, große Duschkabinen, alles sauber und freundlich. Fehlen nur die Geiger. Dazu kommt noch der Luxus, daß wir nach langer Zeit mal wieder Internet an Bord haben. Ich kann es nicht weiter genießen, denn schon am nächsten Morgen geht es weiter. Wir nutzen den SW Wind von 3-4 und SEGELN doch tatsächlich mit 6 – 7 kn dahin. 5nm vor Almerimar nimmt der Wind und die Welle weiter zu. Wir entscheiden uns doch Roquetas de Mar anzulaufen, da der Hafen geschützter liegt bei diesem Wind als Almerimar. Die Wellen brechen, Capitina und Chocolotta auch - fast. Die Fock ist halb weggerollt. Die Damen suchen Schutz unter Deck vor der Gischt. Der Wind kommt in Böen von geschätzten 8 Bft und verursachten starke Kränkung. Hund hat Angst, weil es vorne knallt und weil Capitina Wollmütze trägt, die ihr nicht geheuer ist. Kein Geschmack der Hund. Als die Fock geborgen ist und wir sicher im Junta de Andalucia Hafen anlegen, sind wir alle 3 heilfroh. Es gibt Schnaps, Bier und Eukanuba zur Belohnung. Wir bleiben 4 Tage hier. Waschen Wäsche im Salon mit Flachbildfernseher, den der Capitan nicht aus den Augen lässt, weil dort grad „Die Autobahnpolizei“ läuft. Petz ist begeistert und ich find der Hund hat den Geschmack auch vom Capitano geerbt. Aber auch ich stiele ab und zu rüber um die Specialeffects zu begutachten – die wo der Porsche immer mit 200 Sachen erst über die Leitplanke springt, am Traktor auf 2 Räder katapultiert weiter rollt und wenn er dann langsam ausrollend den Baum tuchiert, explodiert. Der Held springt natürlich vorher raus und glotzt, als hätte er das Gleiche nicht schon vor 2 Sequenzen mit dem Elektromofa veranstaltet. - Hat aber alles nix mit Segeln zu tun, also zurück zum Thema.
In Roquetas geben wir uns also dem Alltag wieder hin: dem Hund spazieren beibringen, Wäsche, einkaufen, kochen....
Nebenbei geht der Hund das 1. Mal baden – unfreiwillig, obwohl das noch nicht bewiesen ist. Als der Chef de Bateaux duschen ist, höre ich einen Stein dumpf ins Wasser plumpsen.... Stein?!? Als ich in die Nacht rausstürme, höre ich aufgeregtes Schnaufen und plätschern. Dann sehe ich einen kleinen Kopf aus dem Wasser ragen. Wir liegen längsseits am Steinponton und der Hund zwischen Boot und halb unter dem Ponton. Ich kriege Panik und rufe Gott an. Automatisch reagiere ich und versuch erst von Bord an sie ranzukommen, dann flach auf dem Ponton liegend, während ich weiter Gott anbrülle. Ich weiß nicht mehr wie, aber irgendwie balanciere ich mit einem Bein auf der Bumsleiste des Bootes und mit dem anderen auf der des Pontons und reiß den Wasserhund am Halsband auf den Steg. Der steht da wie doof und hat durch sein nasses Kleid die Hälfte seines Volumens eingebüßt. Kopflos renn ich hin und her, was man jetzt machen soll. Irgendwann schleppe ich das Tier zitternd – ich, nicht der Hund- an Bord und schnappe mir ein Handtuch. Der überraschte Capitano, den ich in den Duschen besuche mit den Worten:“Es kann schwimmen“ macht unter der Dusche platz und der Pulli wird nochmal mit warmen Süßwasser gespült und anschließend ausgewrungen. Am Hund ist die Geschichte spurlos vorbeigegangen. Er balanciert immer noch angstfrei auf dem Bugkorb rum oder prescht in seinen 5 Minuten wie von ner Tarantel gestochen die 15 qm auf und ab. Ich hab jedenfalls einen Schock, wobei mich nur das doofe Gesicht des Hundes aufmuntert, als er am Steg stand und überhaupt nicht mehr wußte wie er hierher gekommen ist. So jetzt haben wir auch die Hundegeschichte untergebracht und es kann sich wieder ums Segeln drehen.
Am 24.5. starten wir Richtung Cabo de Gata. Hier zeigt sich das auch die spanische Wettervorhersage sehr 'tranquillo' ist. Angesagt sind S-SW 3-4. Tatsächlich hat sich während der letzten Siesta ein O 2-3 eingeschlichen. Die Gegend ist herrlich. Wir verbringen die Nacht in San Jose. Ein idyllischer Hafen in einer Bucht direkt unter den Felsen. Christoph kriegt hier ein Paar neue Flip Flops gesponsort. Der Hund ist begeistert. Da es hier außer dem Ausblick nicht viel gibt, geht’s am nächsten Morgen weiter Richtung Garrucha. Der Wind hat sich nach der Sendepause bei den spanischen Behörden wieder gemeldet und hat jetzt doch S eingeschlagen, 4-6. Wir genießen die Berglandschaft mit den mehrfarbigen Felsen die aus dem Meer ragen und dahinter die Berge, die so trocken aussehen, daß einem schon beim Hochschauen der Schweiß ausbricht. Die felsige, hügelige Küste wird immer wieder von nur kleinen Ortschaften und einsamen Sandstränden in traumhaften Buchten durchbrochen. Eine Aussicht zum Spontanauswandern. Hier und da sehen wir auf einem Hügel oder Kamm ein altes Gebäude und malen uns schon aus, wie wir uns dort ohne Strom und fließend Wasser einrichten. In Garrucha nehmen wir gleich den ersten Ponton, da wir die unübersichtliche Einfahrt zum Juntahafen übersehen. Wir landen so im Club Nautico. Ist aber auch schön und wir haben wieder Internet. Dann ein Hafentag und schon geht’s weiter. Wir segeln nach Cartagena. Den Namen glaube ich schon mal gehört zu haben und siehe da: Es ist eine schöne große Stadt. Der nächste Tag ist zum Erkunden. Wir laufen uns die Füße in der Hitze platt. Bergrauf, bergab. Schöne Anblicke bieten uns die Aussichtspunkte, die teils mit Rolltreppe erklimmt werden können. Die Graffities und die teils abgerissenen, heruntergekommenen und bemalten Fassaden faszinieren ebenso, wie das Castello und das Forum Romano. Die Supermarktangebote lassen nur zu wünschen übrig.
Am 29.5. motoren wir gegen den Wind und unangenehmer Welle Richtung Mar Menor. Um 14Uhr 15 treffen wir im Kanal an, der zum Binnengewässer führt. La Manga (die Landzunge, die das Meer vom Mar Menor trennt) wird durch eine Hebebrücke über den Kanal verbunden. Alle 2 Stunden zur vollen Stunde wird sie geöffnet. Wir sind also 15 min zu spät und kein Warteanleger. Wir fahren zurück aus den Kanal und versuchen eine eingezeichnete Ankerstelle hinter der Mole zu finden. In der sich dort befindenden Bucht hat sich aber wohl irgendein spanischer Baumeister einen kleinen Irrgarten aus Spundwänden einfallen lassen. Wahrscheinlich wieder zur Siestazeit, als die Sonne auf den Kopf brannte. Wir verfahren uns total und hinter jeder Ecke eine neue Wand, die man vorher nicht sah. Wir schaffen es auch ohne roten Faden wieder raus und biegen nun direkt zwischen Mole und Irrgarten ab und finden eine geignete Stelle etwas abseits von halb verrosteten Wandstücken. Na wenigstens müssen wir nur noch ne ¾ Stunde warten bis sich die Brücke wieder öffnet. Wenn mir jemand sagen kann, warum dort diese Spundwände stehen, wäre ich wirklich dankbar.
S Wind ist in der Nacht angesagt. Also motoren wir an der mit hässlichen Hotels übersäten La Manga entlang zu den kleinen Inseln im Südteil vom Mar Menor. Volltreffer! Schöne kleine unbewohnte Inseln. Wir ankern auf 4m vor Isla Mayor o Del Baron und genießen die Aussicht auf unberührte Natur (bis auf die Betreten-Verboten!-Schilder). Am 30.5. verlegen wir uns vor Isla Perdiguera S-Seite und machen 2nm gut. Die Insel ist von Möwen auf Ruinen bevölkert und die beiden felsigen Hügel der Insel werden durch einen schmalen vielleicht 5m breiten Sandstreifen verbunden auf dem vereinzelt windschiefe Bäumchen und Sträucher wachsen. Traumhaft! Der NE nimmt zu und am nächsten Tag slipt der Anker aus dem Seegras. Wir verholen uns in die Marina Thomas Maestre. Das Wetter ist grau und erinnert an Deutschland. Am 2.6. macht der Hund seinem Namen wieder alle Ehre und püschert was die Blase hergibt. Sie hat sich wohl verkühlt und unsere Anima riecht so angenehm wie ein Katzenklo ohne Streu. Wir schrubben das Boot und pflegen den Hund. Tierärzte gibt es hier wohl nicht auf La Manga. Wir müssen also weiter sobald das Wetter es zuläßt.. Am 4. fahren wir bis nach Torrevieja – ganze 16nm weiter. Wir liegen am Visitorsponton und zahlen stolze 24 Euro – kein H2O oder Strom-kostet alles extra. Dann will auch noch so ein dicker Kat vor uns festmachen. Ich bin ja kein Held was das Festmachen betrifft, aber immerhin lege ich mir die Leinen bereit! Der Wind drückt das klobige Ding auf Anima zu und 4 Männer an Land versuchen ihr Bestes. Der Typ macht auch noch den Motor aus! Ich kriege Panik und renn auf Anima, um … ja was? Den 15m Kat abzuhalten? Einen halben m vor unserem Bug haben die Männer den Kat endlich fest. Und ich hol mir die Heckleine des Kats, nachdem ich den offensichtlich volltrunkenen Freizeitkapitän nach einer Leine frage und der mit einem Benzel ankommt, mit dem ich nicht mal unser Dinghi vertauen würde. Ich sehe aber das dort ein Festmacher an der Klampe hängt und schnapp ihn mir einfach. Zitternd gehen wir zurück. Petz mußte auch hart arbeiten und dieses Monster zusammen mit 2 anderen an den Steg ziehen. In der Plicht entfährt uns ein nervös-hysterisches Lachen. Nach einer Weile stellt sich raus, daß der Mann wohl doch nicht betrunken ist (obwohl kein Alkoholtest vorliegt) und er nur Motorprobleme hat. Aber er hat ihn ausgemacht! Ich habe es gesehen und er war nicht mal annähernd fest. Wir beruhigten uns wieder und zogen uns sicherheitshalber noch nen Meter zurück. Als der Kat 2 Stunden später wieder ablegt, schauen wir mit Absicht nicht hin um Panik zu vermeiden. Ich vernehme aber ein deutlich aufgeregtes Rufen des Mechanikers an Bord des Kats: „GO! GO! GO!“ Es folgt kein Rums! Puh! Überstanden. Erst mal ein Nervenbier! Als wir endlich einen geöffneten Veterinario finden hat sich der Hund schon wieder erholt und läßt Wasser wieder normal fließen, vielleicht auch durch den Katschock.
Am 5. starten wir nach Santa Pola, bleiben eine Nacht und dann geht’s nach Calpe. Nach 6 1/2h und nur 19nm fallen wir doch nur nach Villajoyosa ab. Die Landschaft hier ist wieder schöner, sieht man mal von den Hochhäuser Skylines ab die hier und da (z.B.Calpe) die bergige Landschaft durchbrechen. Das diesige Wetter lässt alle Farben intensiver wirken und die felsige Küste leuchtet von Weißgelb bis Sonnenuntergangsorange. Am 7. wollen wir weiter nach Denia, doch 5nm vor Cap De La Nao dreht der Wind auf ONO 4-5. Wir drehen ab auf Moraira und ankern dort in einer schwelligen Bucht östlich des Hafens. Tagesausflügler pflügen mit ihren Jetskis durchs Wasser. Zum Glück ist der Hund nicht mehr seekrank. Petz versucht wieder die Fische mit künstlichem Futter zu ködern. Die Fische im Mittelmeer sind aber auch nicht dümmer, als die im Atlantik und lassen das Plastefutter links liegen. Ich glaub ja, daß sie schon längst gelernt haben müssen, daß Kunststoff nicht schmeckt, denn bei den Mengen an Einkaufstüten die hier rum schwimmen, hatten sie mehr als genug Möglichkeiten zu kosten. Am 8.6. fahren wir weiter Richtung Valencia. Wir entdecken mehrfach eine eigenartige große eiförmige Flosse die träge aus dem Wasser ragt und sehen einen großen teils weißen teils graubraunen Schatten kurz unter der Wasseroberfläche. Groß und rund. Hmm. Wir sind uns sehr sicher, daß es Mola molas oder Mondfische waren, auch wenn Petz meinte es wären Haie, als er solch eine Flosse schon mal im Atlantik sah. Das Internet hat aber Fotos mit großer Übereinstimmung zu der gesehenen Flosse gezeigt und Haie sind nicht so fett!
Am Cabo de la Nao und Cap Negre schwellt es wieder aufgeregt aus allen Richtungen und kurz dahinter schlägt Petz eine windgeschütztere Strecke zwischen Festland und Isla del Portixol ein. Die Felsen sind traumhaft. Dann schlucke ich. Das Wasser ist so klar und der Grund so nah! Laut Karte sind es gut 5m in echt 1m 30. Ich werde blass und halte die Augen zu. Petz schreit: Was?! Und erklärt mir dann nach einem Blick aufs Echo/Speedometer, daß er Fahrt weg genommen hat und man bei 1,3 KNOTEN keine Angst zu haben braucht. Das ist nicht schnell! Ich guck noch mal und ich erhole mich wieder bei 1,8 m Tiefe, was auch nicht so tief ist. Beruhigt denke ich auch noch, daß Anima nicht allzu tief sinken würde bei 1,3m. Im Geiste entschuldige ich mich noch bei der Dame für meine Gedanken und wir genießen wieder die Gegend bis Valencia. Wie es sich für eine ordentliche Sportyacht gehört, fahren wir in den America's Cup Hafen. 11,50 Euro die Nacht. Das hatten wir seit Ayamonte nicht mehr. Die Großstadt bietet alles, bis auf ordenliche Sanitäranlgen im Hafen. Auch das nehmen wir sportlich, genau wie den 1 stündigen Spaziergang vom Port in die Altstadt. Es lohnt sich aber alle mal und wir genießen die Zeit. Das einzige was nachteilig ist, ist daß immer einer am Boot mit dem Hund bleiben und ihn bespaßen muß. Es ist zu heiß für solch lange Wege. Außerdem bekommt die Chica immer ihre 5 Minuten alle 10 min. Pupillen weiten sich, es wird rum- und umgerannt, in alles gebissen und angesprungen und mitten auf den Gehsteig gesch..... Die oral-anale Phase dauert bei Hunden leider auch ein Leben lang. Wir lassen sie dann doch lieber kontrolliert im hafennahen Park ausrasten. Sie braucht auch dringend noch eine Tollwutimpfung, wenn es nicht schon zu spät ist?! Bis zum 12.6. genießen wir die weitläufigen Parks, die auffällige moderne Architektur und die idyllische Altstadt.