Irrfahrt durch Brücken und Schafherden
Am 2.7. gings dann weiter über die Nordsee! Und watt is dabei? Na Watt?! - Watt is da ooch! Und Tide. Die Anima mit Beule nach Norderney. Natürlich haben wir wieder die Tiden und Ströme berücksichtigt. War aber alles nich so doll. Genauso wie der Wind. Also sind wir teils gemotort und gesegelt. Unterwegs is man immer so träge. Oder vielleicht auch nur ich. Mittags gibt’s meist Stulle oder Bemme, manchmal auch Brot. Das gibt dann ein bißchen Aufregung mit den Messern und der Welle und so. Die Wellen sind übrigens wirklich schöner als auf der Ostsee. Man schlendert da eher rüber über die langen Wellen, als immer mit dem Rumpf in die nächste kurze Welle zu schlagen, wie in der Ostsee. Hin und Her geschüttelt wird man aber trotzdem. Und ab und zu sieht man einen schwarzen Ball im Wasser auftauchen und wieder verschwinden. Wenn man näher ist sieht man, daß es sich um Robben handelt. Schöne Tierchen. Sie schauen interessiert, halten aber Sicherheitsabstand.
In Norderney angekommen, nach 12 ½ h Fahrt, hatten wir dann Strömung gegenan. Sicher manövrierten wir die Anima durch das makierte, enge Fahrwasser. Links und Rechts gabs nur so 70cm Wassertiefe. In der Fahrrinne 3m. Den Karten zufolge hatten wir schon einige Tonnen umgefahren. Aber gut. Der virtuelle Simulator ist eben nicht auf dem neusten Stand und durch die wandernden Bänke mußten wohl die Tonnen versetzt werden. Nur die Fähren in den Fahrwassern machten den Capitano nervös. So nervös, daß er prompt vom linken Rand des Fahrwassers rüber zum Rechten wechselte (mit 3kn Geschwindigkeit) als eine Fähre von vorn kam. Die Fähre wußte dann aber auch nich mehr genau, was der Binnencapitano da vorhat und wollte eigentlich schon vorher ausweichen. Dann kam da auch noch von hinten eine weitere Fähre an. Und schnell ausweichen mit 3kn gegen Strom is nich. Also einfach weiter fahren und der Berufsschiffahrt mit steifem Lächeln und klopfenden Herzen zu winken, wenn sie vorbei rauscht. Das nervenberuhigende Anlegebierchen gabs dann auch wieder. Norderney ist recht gut besucht. Also mußten wir nachdem wir im Päckchen lagen noch 2x umlegen. Einen Tag auf der Insel gönnten wir uns. Gingen bummeln und verproviantieren. Wir besorgten uns auch schon unsere Geburtstagsgeschenke. Is ja auch nur noch T Minus 14 Tage :) Und abends kochten wir dann wieder was BESONDERES. Wenn ich koche ist es eh sehr besonders, weil so selten. :) Die Preise waren schon deftig. Mit 45 € für 2 Nächte – ohne W-Lan – ist man dabei. Alles sehr touristisch und von der Insel an sich haben wir nicht viel gesehen. Na ja, war auch zu wenig Zeit. Am 4.7. gings dann um 5 Uhr 30 weiter nach Delfzijl. Dank des Hafenmeisters von Norderney, der uns Tipps gab und eine Route durchs Watt beschrieb trauten wir uns dann auch durch das Wattenmeer. Es war aufregend. Wir rechneten noch mal die Angaben des Hafenmeisters nach und stimmten überein, daß wenn wir 2h nach Niedrigwasser (Ebbe) los machen und im Durchschnitt 5kn fahren, dann kommt nach ca 5nm die erste flache Stelle bei halber Tide und die zweite flache Strecke so nach 20nm bei Hochwasser. Diese flachen Stellen fallen trocken bei Niedrigwasser :) Es haute fast bis auf die Minute alles hin und wir fanden es toll. Robben tauchten hier und da auf, Krabbenfischer mit seitlich ausgebreiteten Netzen zogen ihre Runden, die Schwärme von kreischenden Möwen flogen jagend hinter den Fischern her und junge Birken (Pricken) als einseitige Wegmakierungen. Teils sah es aus wie eine kleine Allee mitten im Wasser. Das Wetter war diesig, aber das passte irgendwie zu dem surreal wirkenden Panorama. Einfach toll.
Wir wählten die „Staande Mast“ Route von Delfzijl durch die Kanäle in Holland, weil uns zu viel Westwind angesagt wurde für die nächsten Tage, um über die Nordsee weiter zu segeln. Also blieb der Mast stehen und wir gingen es an.
Mittags kamen wir in Delfzijl an. Alles sehr industriell, mit Aluminiumwerk und weiteren unidentifizierbaren Fabriken die die Luft nach Abgasen riechen und irgendwelches Wasser in den Einfahrtskanal fließen ließen. Nicht sehr einladend. Hoffentlich geht’s so nicht weiter. Auf den Wiesen der Fabrikgelände grasten überall Schafe. Wirkt vielleicht wachstumsfördernd so ne Schlackewiese oder die Wolle wird gleich chemisch gereinigt vor dem Schären. Genaues weiß man nicht. 3Äugige oder leuchtende Schafe sahen wir zwar nicht, aber dennoch: Schaffleisch und -pullis aus Delfzijl sind sicher nicht Bio. Wir besorgten uns in der Stadt noch die Schiffahrtsregeln für die niederländische Binnenschiffahrt und einen Kanalführer für die Staande Mast Route. Beides auf holländisch und beides je 20 €. Ersteres weil man es wohl in Holland an Bord haben muß und Zweites weil wir wissen wollten wo lang. Dann schliefen wir uns kurz noch mal aus, holten Diesel und motorten fröhlich in den Emskanal. Mit dem Anfunken der Brücken taten wir uns erst etwas schwer und das Holländisch ist auch nicht einfach zu lesen. So verbrachte ich die meiste Zeit mit Lektüre, Wörter raten und funken (zum Glück verstehen sie hier deutsch), während der Capitano fuhr. Die meisten Brücken öffneten sich aber von selbst, so daß wir zum Schluß kaum noch funken mußten. Die Schleusen waren auch erträglich. Zwar ohne Schwimmstege, aber anders als in Deutschland vereinfacht man es hier den Sportbooten indem sie Leinen entlang der Spundwände durch die Poller ziehen. Da kann man sich einfach festhalten.
Die erste Nacht für Lau verbrachten wir vor einer kleinen Schleuse kurz vor Gronningen. Die Fahrt durch die Stadt war langwierig, weil die Wasserwege in Schlängellinien führten, mit vielen Klapp- und Schwenkbrücken. Aber schön ist diese Stadt mit ihren engen Gassen, Backsteinhäusern, grünen Parks und alten Brücken in nostalgischem Stil und allen Formen. Hatte was von Venedig. Die meisten Brücken hatten einen Wächter der einen freundlich zu winkte. Viele Plattbodenschiffe lagen an den Kanälen, teils dienten sie als Wohnstatt und waren hübsch eingerichtet mit Balkonen und Hängestühlen, teils waren sie alt und verwrackt. Die folgende Strecke übers Lauwersmeer nach Dokkum war besonders schön. Wir fuhren zwischen weiten Feldern und durch kleine gemütliche Ortschaften. Wenn man übers Feld schaute, sah man gelegentlich nur die Masten der anderen Segler übers Grün fahren. Es war schöner Sonnenschein. Wir wurden braun und die Seele beruhigte sich ein wenig. Mein Piratenauge zuckt übrigens nicht mehr, dafür sind die Daumennägel des Leinenäffchens eingerissen von dem ständingen Leinen legen und aufschießen. Jetzt renn ich mit lustigen Piratenpflastern für Kinder um die Daumen rum, damit ich nicht mehr hängen bleibe. Lauwersmeer ist eher ein Binnensee und natürlich sehr überfüllt. Wir machten die 2. Nacht kurz vor Dokkum fest. Wieder irgendwo auf der Heide grillten wir und genossen den Sonnenuntergang. Wir waren etwas gehetzt, weil wir nicht dachten daß es so lange dauert mit den vielen Brücken und wir uns doch in Lemmer mit meiner Cousine Jule und ihrem Kai verabredet hatten. Also ging es am nächsten Tag pünktlich zur Brückenöffnungszeit (9Uhr) wieder los. Leeuwarden (die nächste größere Stadt) war auch sehr hübsch, aber so langsam hatten wir die vielen Umwege, die Warterei an manchen Brücken und das Fahren im Pulk satt. Manche Brücken machen erst auf, wenn mehrere Jachten davor warten. Dadurch fährt man immer mit mehreren Booten in der Schlange durch die Gegend, bis sich einer traut den Langsamsten, der immer ganz vorn fährt, zu überholen, trotz des kurvenreichen Kanals. Das machen dann alle anderen nach und man fährt wieder hintereinander, nur etwas schneller. An der nächsten Brücke muß man dann wieder warten bis der Letzte den man anfangs überholt hatte dann auch wieder dran ist, ehe die Brücke aufgeht. Also Eile mit Weile und die Letzten werden doch wieder die Ersten sein :)
An manchen Brücken z.B. in Dokkum muß man Brückengeld bezahlen. Dazu schwingt einem der Brückenwart, von seinem kleinen Brückenhäuschen aus, an einer Art Angel einen kleinen, bunten Holzschuh hinunter zum Boot. Da steht dann ganz aufgeregt das kleine Leinenäffchen Steffi mit dem Klimpergeld und muß den Schuh fangen und ehe man dran vorbei gefahren ist das Klimpergeld reinwerfen (so 3 bis 6 € pro Stadt). Chi Chi. Hat Spaß gemacht. Deswegen waren die Leinenäffchen auf den anderen Booten auch meistens die Kinder. :) Es kam auch vor das ein Ort für mehrere Brücken nur einen Wächter hatte. Der ist dann nach der ersten Brücke auf sein Fahrrad gehopst und neben dem Bootspulk her gefahren zur nächsten Brücke.
Hinter Leeuwarden hörte dann die Staande Mast Route auf dem Tablet einfach auf und in der Karte war einfach ein Strich durchgezogen. Hm? Verwundert näherten wir uns der Stelle und dann erkannten wir es. Zu schnell um die Kamera zu holen überquerten wir eine Autobahn. Die Holländer haben den Wasserweg einfach als Brücke über die Autobahn gebaut. Na gut. Ne Ampel und Klappbrüpcke für den Highway wäre auch zu gefährlich geworden. Wir winkten also von der Brücke den Brummis unter uns zu. :) Jetzt kamen nur noch wenige Brücken und so machten wir schnell Strecke. Über Grou, das Snitser Mar (ein See) und Koevordermeer (auch nur ein See) zur letzten Klappbrücke. Plötzlich sagt der Petz laut Sch..., wird langsamer und nervös. Ich raus gestürmt um zu gucken. Da lag vor uns ein Motorboot und trieb langsam aufs steinige Ufer zu. Die aufgeregte Frau winkte uns und rief uns zu daß wir helfen sollen und der Motor ausgefallen ist. Von vorn kam gerade ein Schleppverband und viel Platz war nicht. Petz fuhr näher ran und ich ging nach vorn, noch nicht ahnend was zu machen sei. Die Dame warf mir eine Leine zu. Alle riefen ich solle nach hinten gehen. Ich wunderte mich nur warum wir nicht langsamer wurden. Aufgedreht hangelte ich schnell die Leine außen um die Wanten rum, während mehr und mehr Leine aus meinen Fingern glitt. So schnell ich konnte rannte ich zur hinteren Klampe, wo ich auch wieder alles außen rum geben mußte. Ich legte die immer kürzer werdende Leine schnell 2x um die Klampe, aber sie zog sich immer noch weiter raus. Dann erst bei der 2. Schlaufe hielt die Leine und ich hatte grad noch 20 cm Leine übrig. Puh. Grad so geschafft. Ich schaute den Captain an und dachte nur warum er mich ärgern will und nicht langsamer gefahren ist. Er meinte nachher, daß ich wohl nix gesagt hab oder er es nicht verstanden hat und er außerdem in Fahrt bleiben mußte wegen des Schubverbandes und um das Boot schnell weg zu ziehen von den Steinen. Ach so. Grimm! Wir zogen das Boot ca 2 nm in einen kleinen Seitenarm und ließen sie an einem Steg den sie uns anwiesen von der Leine. Sie dankten uns und wir winkten freundlich und stolz. Aber Mist. Wir hatten Zeit verloren. Wir wetteten schon drauf ob wir die letzte Brückenöffnung, um 20 Uhr, noch schaffen oder nicht. Ausgerechnet hatte ich mir die Ankunft 10 min vor 8. Also jaaaaa. Es mußte klappen. Wir rauschten nur so dahin mit unsren 9 km/h. Und juhu. 5 vor 8 waren wir da. Schnell festgemacht am Warteplatz und den Klingelknopf gedückt (vor den großen Brücken ohne Wächter ist oft ein Warteanleger für Sportboote mit einem Meldeknopf für die Brückenöffnung). Nix passiert. Neeiiin. Noch 3 mal gedrückt und den imaginären Brückenwart ausgeschimpft was er vor seinem Schichtende einfach Feierabend macht. Bei dem entspannten Job! Kann ja wohl nich.... Ah! Da wird’s grün und wir dürfen durch. Hab mich noch mal ganz brav bedankt und der Brücke zum Abschied gewunken. Um 21 Uhr kamen wir in Lemmer an. Nachdem wir meilenweit zur Rezeption des Hotels und Yachthafens 'Iselmar' gelaufen sind um uns den Stand sagen zu lassen, das WC Zutrittskärtchen haben geben lassen und 20€ los wurden. Konnten wir endlich in den Stand fahren und unser Erfolgsanlegebierchen schmecken lassen.
Am Sonntag kam dann unser Besuch. Frisch geduscht und wie aus dem Ei gepellt erwarteten wir den Kai und die Jule. Mittags kamen sie dann auch und es stellte sich heraus, daß die navigatorischen (Un)fähigkeiten in meiner Familie vererbt sind. So fuhren die 2 von Emmerich erst nach Emmen anstatt nach Lemmer :) Sie genossen den ungewollten Ausflug aber dennoch. Es war ein wunderschöner Tag, so wie Urlaub sein sollte. Wir schlenderten durch die Stadt und ließen uns verwöhnen. Vielen Dank an euch 2 und liebe Grüße nach Emmerich.
Am 8.7. ging es dann weiter nach Lelystad über das Ijsselmeer. Es war nur ein halber Tagestörn, da wir es nicht eilig hatten. Mit achterlichem Wind fuhren wir erst mit Segel und dann nahmen wir noch den Motor dazu, als Flautenschieber. In Lelystad gabs nicht viel und der Hafen lag weit ab vom Schuß. Wir machten uns dennoch auf den Weg Richtung Stadt. Das nahm aber ein jähes Ende als ich im Parkteich ein kühlendes Fußbad nehmen wollte und mit dem ersten Schritt ins Nass meinen großen Zeh an einer scharfen Muschel aufritzte. 'n bissel komisch wurde mir schon vom Blut. „Rucke Di Gu; Rucke Di Gu; Blut ist im Schuh....“. Es war mir auch den Rückweg über nicht gut. Aber die Limo samt Eiswürfeln tat mir gut. Der Zeh ist aber auch eine ganz blöde Stelle für eine Verletzung. Da muß ich jetzt durch. Dafür hab ich ja die Schwester Capitano, der sich ganz fachmännisch um die Schwerstverletzte kümmerte. Den nächsten Tag ging es schon wieder weiter durch die Schleuse ins Markermeer (südliches Ijsselmeer) und weiter über die Kanäle. Die amsterdamer Innenstadt mit den schönen Kanälen ließen wir backbord liegen und machten weiter Richtung Nordseeküste, weil wir den günstigen Nordwind, der für die See vorhergesagt wurde ausnutzen wollten. Der Nordseekanal ist aber eher sehr industriell und von der Berufsschiffahrt stark befahren. Aber immer noch gar nix gegen den NOK. In Ijmuiden gab es dann auch die letzte Schleuse (diesmal normal mit viel Hub und Poller haschen beim Leineumlegen). Die Tore öffneten sich zu einem schönen Sonnenuntergangspanorama über der See und wir fuhren dem Glitzerwasser entgegen. Dann stieg gleich rechts wieder so ein monströses Fabrikgelände auf und eine Bunkerinsel. So endete die Staande Mast Route wie sie angefangen hatte. Aber selbst das sah in dem Abendlicht richtig einladend aus. Insgesamt haben wir auf dem Stück Staande Mast Route nachgezählt 62 Brücken passiert und 9 Schleusen. Das sollte reichen. Die Marina an Backbordseite nahmen wir dann auch gleich. Sie war sehr groß und obwohl wir aus dem Badeleiter-Mallheur von Cuxhaven gelernt hatten und etwas weiter in den Hafen fuhren, waren wir irgendwie wieder am hintersten Steg gelandet. Da muß man in dringenden Fällen schnell laufen können um noch rechtzeitig zu den Toilettenräumen zu gelangen. Der riesige Hafen gefiel mir gar nicht. A viel, viel zu teuer (25€ die Nacht für 8m!!!), B protzig. Casino und Hotel gleich vor der Tür, sonst gar nichts und C fand ich es zu protzig. Als wir über den Preis so staunten und wir ablehnten für 5,95€ ganze 50min im Internet zu surfen war die Freundlichkeit der Empfangsdame dann auch plötzlich weg. Ich dachte nur weg von hier. Anlegen war auch nur verkorkst (den Dalben nicht gekriegt und der mir die Leine abnahm wirkte als müsse er es tun. Ich wär sowieso lieber selbst runter gesprungen.) Es grüßte auch keiner auf dem Steg zurück. Ach alles doof da. Stimmung im Eimer. Also schnell wieder weg und am nächsten Morgen den 10.7. , mit böser Vorahnung auf die Preise der nächsten Marinas, nach Scheveningen (Den Haag). Am frühen Nachmittag kamen wir dort an. Ein großer Yachthafen mit relativ kleinem „Passanten“ - Hafen. So lagen wir dann im Päckchen. Die Preise waren satt. Aber immerhin schon 2,50 weniger und auch der Hafen ist idyllischer, wenn auch nicht schön. Wir waren irgendwie so fertig, daß wir beschlossen einen Hafentag einzulegen um ein zu kaufen, das Boot zu putzen, den nächsten Törn vor zu bereiten, zu duschen und pflegen, Internet, webside aktualisieren u.s.w.. Damit war dann auch schon der ganze 11.7. vorbei und du liebes Logbuch endlich wieder auf dem neusten Stand.