Englische Gewässer

 

Den 20.7. verbrachten wir noch in Cherbourg (Kater ausschlafen, Ölwechsel, Einkauf in Shoppingzentrum – Steffi hat noch ein Burtstagsgeschenk: Sandalen :) Törnvorbereitungen, Skypen) und am 21. gings dann nach St. Peter Port auf Guernsey,eine der Kanalinseln mit respekteinflößendem Tidenhub (so 10 bis 12m zw. Ebbe und Flut) und starken Strömen. Wir gingen auf Spring zu. Chrissi und unsere Freunde Katrin und Torsten, haben mich dann doch überzeugt, daß man wenigstens eine der Inseln gesehen haben muß. Herzlichen Dank geht hier noch einmal an Torsten und Katrin, die uns so unterstützt haben mit so vielen Dingen. Ich hoffe eure Pläne erfüllen sich auch ganz nach Wunsch.

Unsere neuen Freunde der Orion begleiteten uns in dieselbe Richtung. Ich hatte sie am Vorabend mit meinen Tidenstromberechnungen und der Abfahrtszeit ordentlich durcheinander gebracht, so daß sie 30 min lang nach rechneten, warum ich so früh raus wollte – um halb 7. Ich putzte grad Zähne und da fielen mir die Schuppen von den Augen. Ich hab die UTC Zeit ja noch gar nicht in ME Sommerzeit umgerechnet. Im selben Moment erkundigten sich auch schon die Nachbarn und ich klärte meinen Fauxpas. Übrigens ist es auch sehr einfach bei langen Strecken im Nautical Almanach die Strömungskärtchen, die stundenweise die Strömungen für ein Gebiet darstellen (12 insgesamt, ausgerichtet nach und vor Hochwasser Dover)verkehrt herum ab zu zählen,wenn man nicht aufpasst. So kommt man nämlich nur dann bei Stillwasser an, wenn man im DeLorean mit Fluxkompensator sitzt. Die Zeit auf der Anima läuft allerdings vorwärts, was ich dann auch schon mal ignoriert hab. Übrigens wird man jünger wenn man immer weiter Richtung Westen fährt?

Es ging also um halb 9 unserer Zeitrechnung los. Durch unseren Nachbarn und ungefähr dem halben Hafen bestätigt. Denn mit uns machten sich ca. 15 Schiffe mit auf den Weg Richtung Westen. Aber wir waren ganz vorn. Erst. Nach und nach überholten uns alle. Sogar die, die noch ne Stunde länger im Hafen geschlafen haben, zogen an uns vorbei. Chrüssi gab dann schließlich auch auf an der Fockeinstellung rum zu zuppeln. Trotz der 8 bis 9 kn Fahrt mit Strom tauchte sogar die Orion, im Nebel vor uns auf, die ca 45 min nach uns gestartet war. Über Funk hielten wir Kontakt. Ganz nach SRC Lehrbuch. Ich wünschte nur, daß es das auch in Frankreich gegeben hätte. Ich weiß zwar nicht welchen Funkschein sie hier machen, auf jeden Fall haben sie sich alles ins Französische übersetzt. Ich wurde sogar recht wütend, denn selbst Sicherheitsmeldungen, die wirklich die gesamte Schiffahrt betrafen, wurden von Küstenfunkstellen nur in französisch ausgesendet. Ich weiß nur daß irgendwas gefähliches in Cherbourg oder vielleicht auch Rochebonne passiert ist und man um irgendwas Abstand halten muß. Also Ehrlich! Ausländer lassen sie einfach wortwörtlich auflaufen! Die Krönung war dann ein Maydayrelayruf – also das schlimmste was passieren kann: Eine Weiterleitung -sozusagen Hilferuf- von jemand der zwar selbst nicht in Seenot ist, aber Hilfe für jemand erbittet, der grad in Lebensgefahr ist. IN FRANZÖSISCH! Selbst wenn ich hätte helfen können, hätte ich nicht gewußt wem und wo. Vielleicht bin ich an ihm vorbei gefahren und wußte es nicht. Eine grausige Vorstellung. Zumal man sich dann auch fragt, ob sie einen verstehen, wenn man selbst in Seenot gerät und auf englisch sendet. Hui nur nicht dran denken.

Mit Strom und allem waren wir zwar die Langsamsten, aber doch schnell unterwegs und es machte Spaß. Leider ist Strom und Gezeitenhöhe nur schwer in Einklang zu bringen. Man kann zwar so los fahren, daß der Strom einen trägt, kommt aber dann bei dem Zielort an, wenn dort gerade halbe Tide oder gar Niedrigwasser ist. In St.Peter Port muß man aber über einen Sill (Drempel) fahren, um in die Marina zu gelangen, der ungefähr erst so bei halber Tide überfahren werden kann, weil die Wasserhöhe dann so 1,5m über dem Sill steht. Da wir 1,2 m Tiefgang haben, hätten wir noch ca 3 h in St. Peter Port warten müssen, bevor wir in den Hafen fahren könnten. Die Orion hatte das selbe Problem und noch mehr Tiefgang und so entschlossen wir uns, uns vor Anker in eine Bucht zu legen, die vor den angesagten NE Winden Schutz bieten sollte. Die Orion war natürlich 1 h vor uns dort. Die Sonne strahlte und wir erkundeten die Bucht, Le Petite Port, mit dem Dinghi. Eine Treppe führte die steile, hohe Hangwand hoch. Ich blieb schnell unten beim Dinghi als ich nach ca 20m zurückschaute und feststellte, daß ich nur noch auf allen Vieren rückwärts wieder runter gekommen wäre. Sch... Höhenangst. Hoch is immer kein Problem, aber der Blick zurück... Manchmal hab ich ja Mut, wenn ich mich mal überwunden hab. Aber die Aufregung und die zittrigen Knie, die ich immer schon bei den Stegen bekomme, wenn es Niedrigwasser ist und man nur über eine Rampe im 60° Winkel, vom Land aufs Boot kommt, reichen mir. Ein Strom geht dann vom Kopf in die Fußspitze und hinterläßt nur Gummi. Und das gabs schon oft bei solchen großen Tidenunterschieden. Ich versuch dann immer ganz dicht hinter einem zu gehen, der mir die Sicht nach unten versperrt oder halte mich an Petzn fest und atme, als ob ich gleich ein Kind kriegen würde...

Petite Port war malerisch. Von hohen Felsformationen umgeben und von Inselchen durchsetzt, die bei Hochwasser ganz unter der Wasseroberfläche verschwanden. Wir besichtigten die Orion und bei Wein unterhielten wir uns bis zum Abend. Die kleine Neele wurde von mir noch mit einer Gute Nacht Geschichte versorgt und es war schön. Bis ein erster Donnerschlag und fette Tropfen unser Treffen jäh abbrechen ließen. Wir machten uns schnell wieder auf die Anima um uns auf ein Gewitter ein zu stellen. Es blitzte heftig, aber es regnete kaum. Doch dann kam der Wind. Und zwar aus der falschen Richtung. Der Südwind brachte auch die Wellen in die Bucht und es dämmerte schon. Mit uns lagen noch ca. 5 andere Boote da. Die ersten machten sich los. Ein großer 2 Master fuhr bei dem Wetter noch in die Bucht und das beruhigte mich etwas. Aber wir wurden ordentlich durch geschüttelt. In der Nacht machte sich dann selbst der große 2 Master wieder davon, obwohl er wohl etwas stabiler in der See sein mußte und auch die Orion ließ sich nicht mehr lumpen und fuhr nach St. Peters. Aber im Dunkeln, bei Gegenstrom und den Wellen ? Wir entschieden uns dort zu bleiben und Ankerwache zu schieben. Petz verkeilte sich in der Plicht, stellte sich alle 30 min den Wecker und schaute nach ob wir noch an der selben Stelle waren. Ich legte mich auf eine Seitenkoje, so wie ich war, um im Notfall schnell einsatzbereit zu sein. Der Wind war wieder weg, aber die Welle schüttelte und rüttelte uns, nur Gold und Silber fielen nicht. Nur ich fast von der Koje. Rodeo reiten beschreibt es ganz gut. Es war laut, es zog und rüttelte und irgendwas polterte. Nach einer halben Stunde des versuchten Ignorierens machte ich mich auf die Suche nach der Ursache. Nach noch einer halben Stunde fand ich dann den Übeltäter. Eine Flasche Rum stieß mit dem Hals immer gegen die Schappwand. Zerknirscht schob ich ein Handtuch dazwischen. Jetzt wo das lauteste Rumpeln fort war, hörte ich all die anderen Geräusche die nicht viel leiser waren. Das Funkgerät rauschte und Sprüche waren zu hören (den Wetterbericht hörte ich ab, zwar in englisch, aber zu schnell, als daß ich alles hätte mitkriegen können und verrauscht), der Anker zerrte am Boot und es ächste unter den Wellenbewegungen, aufgehängte Sachen schaben über die Wände und weitere unidentifizierbare Geräusche hielten mich wach. Die Welle wurde auch nicht weniger. Und sie sind nicht gleichmäßig! Ich zählte sie wie Schafe. Die ersten ganz sachte, dann ab der 3. immer heftiger und steigerten sich bis zur 7. oder 12. Und dann kurz nichts. In denn kurzen Pausen dachte ich immer ich schlaf ein, aber dann ging das Geschaukel von vorne los. Ich döste so Stunde um Stunde im leichten Schlaf von der Funke jedesmal aufgeschreckt. Am nächsten Morgen zerknirscht und genervt ließen die Wellen endlich nach. Nebel war aufgezogen und in den Schwadenlöchern sahen wir, daß wir ganz allein die Nacht durchgehalten hatten. Tja. Und sowas nennt sich dann Urlaub. Wir machten dann mit dem Strom nach St.Peter Port und kamen am Nachmitteg dort an. Wir warteten noch kurz im Päckchen um über den Sill zu fahren und wurden dann in die Marina geleitet. Wir wurden schon von der Orion Crew begrüßt, die wohl einen 2stündigen Höllenritt hatten, aber sie hatten sich schon erholt. Wir machten uns auf, die Stadt die am Hang gelegen ist, kurz zu besichtigen und etwas Geld zu tauschen. Die Pfundscheine hier sind nur auf Guernsey gültig und man wird sie schnell wieder los. Wir kauften uns eine kleine Kinderflagge von Guernsey und funktionierten sie zu einer Gastlandflagge um. Erschöpft ging es wieder in die Kojen. Am nächsten Tag erkundeten wir zusammen mit Neele, Dirk und Stine die Insel mit dem öffentlichen Bus. Einmal rundherum sahen wir ein paar von den berühmten Guernsey Kühen, die aber nur sperrlich gesät waren, jede Menge Burgen, viele grüne einladende Gassen und Natursteinhäuser mit üppigen kleinen Gärten und, da Ebbe war, steinige Insellandschaften die aus algenüberwucherten Buchten hervorschauten und mit trockengefallenen Fischerbooten surreal wirkten. Schöne Strände gab es, besonders zum Gefallen der Wassernixe Neele. Die Lütte unterhielt uns gut während der Fahrt und erzählte fröhlich drauf los, was so alles bei ihr los war von der Farbe ihrer Badeanzüge bis zum Kindergarten. Ich glaube, daß ein Kind an Bord sicher anstrengend ist, aber auch viel Freude mitbringt. Am Nachnittag erkundeten ich und Petz die Stadt alleine weiter und wir versuchten das Haus von Victor Hugo zu finden. Komisch. Wenn es um Einkaufsmöglichkeiten geht, finde ich den Weg auf Anhieb, selbst wenn ich noch nie an diesem Ort war und die Geschäfte weit weg sind. Da ist Verlass drauf. Bei dem Haus klappte es nicht ganz so gut. Als wir es endlich gefunden hatten, schluckten wir kurz über den Eintrittspreis und taten so als wüßten wir gar nicht was das Haus hier für ne Bedeutung hat und schlenderten gelassen an der Touristenführerin am Eingang vorbei. 8 Pfund war uns zu happig. Also versuchten wir unser Kulturpensum auf der Burg zu erfüllen. Sie ragte imposant vor dem Hafen aus dem Meer und verlangte dafür auch 10 Pfund Eintritt. Jaja. Wir schlenderten vorbei zum Leuchtturm und zurück zum Boot. Wir liefen noch ein wenig durch die blumengeschmückte Stadt mit ihren engen Gassen und gaben die letzten Pfund aus. Am Boot fingen wir grad an zu schnibbeln, als ein freundlicher Deutscher uns von der Arbeit mit einem netten Plausch abhielt. Es war schön, aber wir hatten doch keine Zeit. Wir wollten die nächste Nacht direkt vor dem Hafen in einer Bucht ankern. Und schwupps wurden schon die nächsten Yachten von den Hafenmeistern über den Sill in die Marina manövriert. Und man wurde ins Päckchen gelegt. Wir legten schnell alles beiseite und machten uns Hals über Kopf davon, damit man uns keinen an die Seite legt. Wir hatten nicht einmal mehr Zeit uns mit der Orion abzu sprechen. Wir fuhren kurz um die Ecke legten uns in die Bucht direkt vor der Burg, kochten Ministrone und genossen den Ausblick auf das schön beleuchtete Monument. Am nächsten Tag erkundeten wir Sark. Den Kontakt zum Raumkreuzer Orion konnten wir nicht aufrechterhalten. Wir hörten sie über Funk, sie aber uns nicht. Wir hofften sie auf Sark wieder zu treffen. Eine kleinere Insel querab von Guernsey, auf der es keine Autos geben soll und die Zeit wohl stehengeblieben ist. Wir suchten uns eine sichere Bucht auf der NO Seite. Es waren schon viele Boote dort, die an Mooringbojen fest waren. Wir untersuchten eine von ihnen, aber es fehlte einfach die Öse ?!? Boje kaputt??? Also in der Nähe vor Anker. Keine halbe Stunde später kam ganz frech ein Engländer rein und schnappte sich mit dem Enterhaken den kleinen Ball neben der Mooringboje und zauberte aus dem Wasser einen Festmacher, der am Ball befestigt war. Schwupps über die Klampe gelegt und fest war er. Grrr! Damit war die letzte Besucherboje besetzt. Wir schauten uns um und genossen die Aussicht. Hohe bewachsene Felswände umschlossen die Bucht und interessante Felsformationen, die wie Tore aussahen verschönerten den Ausblick. Von einem kleinen felsigen Strand führte ein Weg serpentinenartig den Abhang hinauf. Mit dem Dinghi fuhren wir an Land und erkundeten die halbe Insel. Wir waren begeistert. Klein, idyllisch, unbefestigte Wege und mit vielen selbstgemachten Skulpturen geschmückt präsentierte sich die Insel im Sonnenschein. Wir wanderten über die Hügel bis zum Fährhafen und auf einem steilen, anstrengenden 'Cliffpath', der von Büschen gesäumt war und einen herrlichen Ausblick aufs Meer gab, wieder zurück. Zum Glück führte er nur nach oben und wir kamen wieder im Dorf heraus :) Zurück an Bord der Anima fing ich an zu lesen. Laut, damit Petz auch mal ein Buch „liest“, daß nichts mit Segelberichten zu tun hat. „Ein ganzes halbes Jahr“. Während ich Stunde um Stunde vertieft las, bereitete der Smutje das Essen und erledigte hier und da was am Boot. Abends wurde eine Boje frei und wir fuhren siegessicher, das Rätsel der Mooring gelöst zu haben, heran. Ich schnappte mir das Zauberteil, sagte meinen Spruch auf und wir waren fest. ...an der privaten Hafenmeister Boje! Grrr. Merde! Ob sie uns glauben, daß wir das fett schwarzgedruckte „Private“ nicht verstehen? Wir ließen es drauf ankommen. Aber keiner kam. Am nächsten Tag war Waschen angesagt. Petz war so mutig und tunkte sich ins Wasser. Er schwamm sogar kurz. Ich bezweifle zwar, daß sich die Dreckpartikel in dem kurzen Moment gelöst haben und vermute eher daß sie die kurze Dusche kalt ließ, aber er war erfrischt. Ich bereitete mir ein Salzwasserbad im Eimer. Seifte mich mit biologisch abbaubarer Outdoorallzweckseife ein, wusch damit auch die Haare und duschte mich mit 2l Süßwasser ab. Wow war das kalt. Auch wenn das superteure Biozeug nicht duftet fühlte ich mich wie neu geboren. Später legten wir uns noch mal an eine Besucherboje. Den Rest des Tages las ich weiter. Erst laut, dann im Stillen für mich, als der Meister Petz schon schlummerte. Bis zum tränenreichen Ende des Buches um halb 4 morgens. Extrem bewegt mußte ich erst mal eine Rauchen. Ich setzte mich im Mondschein in die Plicht und mein etwas nasser Blick streifte durch die Bucht und blieb an den Felsen im Wasser hängen. Dort glimmte es erst ganz schwach grün und dann wurde das Leuchten stärker. Ein Streifen von ca 10, 15m leuchtete dort in der Brandung. Es fing an hier und dort stark grün aufzublitzen und zu glitzern. Es sah wunderschön aus. Nach einer Weile lies das Wasserfeuerwerk der Algen nach, war dann weg und nach 5 min fing es wieder an zu glimmen. Mit den leuchtenden Algen schlief ich entspannt ein.

aktualisiert: 04.11.14

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