Drimo

 

Die 1 ½ Wochen in Ribadeo hatten uns geschafft. Soviel Wäsche gewaschen, daß zum 1. Mal die Dreckwäschewanne komplett leer war, die Stadt erkundet in allen ihren Ausdehnungen (inkl. aller Geschäfte durch die Capitina), eine (Sinnlos-) Bustour unternommen, das Nachtleben der Stadt angeschaut (die Spanier verstecken sich tagsüber und ab 22 Uhr – ihre normale Abendbrotzeit- stürmen sie alle gleichzeitig die Bars und Restaurants), eine von Felsen umschlossene Badebucht mit natürlichem Brandungs-Jakuzzi nur für uns allein genossen und Wanderungen zum Leuchtturm unternommen. Und trotzdem hatten wir noch soviel Zeit übrig, daß die Langeweile uns Hummeln in den Hintern säte. Wir wollten endlich weiter und das Problem mit der Lichtmaschine immer im Hinterkopf drückte, wie die heißen Mittagsstunden, auch noch aufs Gemüt. Als dann am 25.8. endlich der Anker auf ging waren wir erleichtert. Uns war auch der Wind ziemlich egal. Nur endlich wieder neue Ufer entdecken, wenns sein muß unter Motor nach Viviero. Und natürlich wußte das auch Petrus und sandte uns gleich mal wieder 'ne Flaute. Dabei entdeckten wir dann auch, daß das Problem mit der Lichtmaschine noch nicht gelöst ist. Kaum den Schalter umgelegt schon riecht die Dame wieder aus ihren Eingeweiden. Frust, Frust, Frust! Noch kein viertel Jahr unterwegs und schon dreht sich alles um Reparaturen – langwierig noch dazu. Ersteinmal ignorierten wir das Problem und beschlossen trotzdem erst mal weiter zu fahren. Die letzten 10sm sogar unter Segeln. In Viviero den Anker geschmissen fummelte Petz schon wieder am Motor rum und wir machten unserem Frust auch bei unseren Leuten daheim Luft. So kamen wir dann der Lösung immer ein Stückelchen näher. Am Abend kam auch der Meister der Ruhe und des Durchhaltevermögens, Jürgen, in die Bucht. Er hatte die Flaute einfach auf See abgewartet. Am nächsten Morgen ging es dann gleich weiter nach A Curuna – einen ganzen Tag lang. Es war zwar herrliches Segelwetter, aber irgendwie wollten wir endlich ankommen und so kürzten wir unsere Tagesetappe und wir bogen nach Cedeira ab. Petrus kann's uns aber auch nicht recht machen. Schon als wir in die Bucht einfuhren, wurde unser Entschluss ,durch die grünen Wälder, die Berge ringsherum, die schroffen Felsen und die weißen Strände, bestätigt. Nachdem wir unseren Anker direkt neben dem Fischerhafen inkl. Mooringfeld und genau vor dem Sandstrand durch eine Mole geschützt warfen hatten wir noch etwas vom Tag über. Ich hing so 5 min an der Badeleiter, bis mir klar wurde, daß mein Zeh im Wasser die Badetemperatur nicht steigern würde und ich mich wieder mit dem Eimer begnügte (erst gefüllt in der Sonne stehen lassen). Der Capitano wuselte noch mal am Motor rum und schwupps war der Tag gewesen. Darauf folgte ein Tag an dem ich mit dem Herrn Fröhlich die Stadt erkundete, während Petz am Boot schraubte (ich konnte das Elend nicht mehr mit ansehen und war eh überflüssig bis nervig mit meinen Fragen und ständig im Weg). Das Städtchen bot einen langen Strand, schöne Aussichten über die Bucht, Einkaufsmöglichkeiten und eine kleine Altstadt am Hang mit einem Plaza samt Pavillion, Minigärten und Zitronenbäumen hinter hohen Mauern und Balkone, deren Pflanzen von der gegenüberliegenden Wohnung aus gegossen werden können. Hübsch würde ich sagen. Als ich zurück war, kam auch schon Besuch vorbei. Peter, ein holländischer Pensionär, der hier bekannt wie ein bunter Hund ist und als ein wenig verrückt beschrieben wird, kam stehend in seinem Dinghi von seiner Feeling rüber. Ein erfahrener Segler, freundlich,offen, immer einen Spruch auf Lager und mit dem Temperament der Südländer ausgestattet, würde ich ihn beschreiben. Seine Hilfsbereitschaft zeigte er uns sofort, indem er anbot uns einen Mechaniker für unser Dynamoproblem zu besorgen. Dankend nahmen wir es sofort an. Peter sprach neben deutsch auch spanisch und englisch. Überschwenglich & teenagerlike schwärmte er von seiner besseren Hälfte und dann von den Moorings. Starkwind war vorhergesagt und es gibt nix sichereres als die Moorings hier. Die Kabel haben sooooo einen Durchmesser und halten jeden Sturm stand. Wir dankten lieber ab und vertrautem unseren Anker. Peter verholte sich an eine Mooring und fuhr kurz darauf an Land seine Mabel ab zu holen. 10 min später sahen wir wie er mit seiner feeling los fuhr. Häh? Moment mal! Er wollte doch an der Mooring bleiben. Schnurstraks fuhr das Boot zwischen den anderen Booten hindurch direkt aus den Hafen und wurde immer schneller. Ich schaute und suchte, aber da war kein Kopf in der Plicht. Mit Fernglas schauten wir rüber. Oh Mann! Kein Mensch an Bord! Das Boot driftete in Richtung Felsen. Aufgeschreckt wirbelten wir herum. Außenborder war leer! Petz fummelte hektisch Benzin in den Motor. Ich schaute, winkte und sah eine Segelyacht direkt an Peters unbemannten Boot vorbeifahren. Der sah direkt in die Plicht! Ich winkte und deutete auf Peters Boot. Der fuhr unbeeindruckt weiter. Das gleiche beim Fischer der kurz darauf in den Hafen fuhr. Das Boot war schon außerhalb unserer Reichweite. Petz wuchtete den Außenborder in unser Dinghi und zog an, da sah ich endlich Peter, samt Mabel aufgeregt zu seinem Boot heizen. Oder besser gesagt mit allem was sein Motor hergab drauf zu halten. Wie in Zeitlupe fuhr das Dinghi auf das Boot zu, das nun schon so nah an den Felsen hing, daß ich und Petz sicher waren es hätte schon Grundberührung. Es wurde auch langsamer, als Peter endlich an Bord hüpfte. Kurz darauf und mit Rudermann ausgestattet fuhr die Yacht zurück auf den Ankerplatz neben uns. Da hatte wohl jemand genug von den super sicheren Moorings. Als er das nächste Mal bei uns vorbei kam schwärmte er dann von seinem Anker – einen Bruce! Wenn wir Probleme hätten könnten wir uns mit an seinen Anker legen ins Päckchen. Der hält gaaanz sicher. Nach dem Drimo (Drifting Mooring) Erlebnis schlugen wir sein Angebot herzlich dankend ab. Am Abend wurden wir allesamt von Nick auf seine Tucan too eingeladen. Der englische Einhandsegler und Stimmenimitator war unterwegs ins Mittelmeer um dort 2 Jahre zu verbringen und brachte auch danach noch viel Zeit mit und Platz auf dem Boot für seine Kinder und Enkel. Allerdings mußte er noch zu einem 2 Tagesjob nach England zurück fliegen und mußte daher morgen weiter nach A Coruna. Er ließ es sich aber nicht nehmen uns alle anständig mit Wein zu verköstigen. Nick, oder wir nannten ihn auch gern Mick, wegen seiner starken Ähnlichkeit zu Mick Jagger, war ein toller Gastgeber und ein sehr liebenswerter Geselle. Gleich nach ihm war Peter mit seiner Drimo der Hit an dem Abend und nach dem entsprechenden Alkoholpegel lachte er auch wieder mit über seinen Fast-Herzinfakt. Er hatte ja schon einiges mitgemacht aber sowas war ihm noch nie passiert und er war sichtlich geschockt. Wir fühlten alle mit. Die Mooringfestmacher hatten sich von der Klampe gelöst. Wie weiß kein Mensch, aber er hatte auch eine Vermutung über eine Sabotage. Jedenfalls alles sehr eigenartig. Zum Glück ging alles gut und das Boot blieb unversehrt von seinem Nullhand – Ausflug. Peter entspannte sich auch wieder und es wurde ein sehr schöner und lustiger Abend, mit vielen Tipps, Lachern und Seglergeschichten. Auf dem Heimweg durchpflügten wir mit unserem Außenborder die Leuchtalgen und zogen einen Leuchtschweif im Wasser hinterher. Über uns der sternenklare Himmel. Am Boot spielte ich noch lange mit der Hand im Glitzerwasser rum und pumpte auch unser Klo extra lange kurz vor dem Zukojegehen - zu Petzens Ärgernis.

Der Abend zuvor war so lang geworden, daß Nick erst um 10 Uhr los machte. Wir hörten sein Manöver von der Koje aus. Der Kater machte uns genauso langsam wie die Spanier. Erst am Nachmittag kam dann der Mechaniker. Erst zeigten wir das heiße Ding, das stinkert und dann wurde wieder das Ausschlußverfahren angewandt. Kühlflüssigkeit wars nicht. Kaputte Lichtmaschine auch nicht. Batterien wohl auch nicht. Die Lösung meinte der Mechaniker in der Überlastung der Lichtmaschine gefunden zu haben, die bei leeren Batterien, die Ladung einfach nicht schafft. Also sollte morgen ein Schalter eingebaut werden, der die beiden Verbraucher trennt und so nur eine über die Lichtmaschine geladen wird. Bei Bedarf kann man dann beide wieder zusammenschließen. Gesagt, getan – manana. Ach das schon wieder. Also tranquillo und abwarten. Abends machten wir unter Peters Führung eine Bartour und aßen im besten Schnellrestaurant von hier bis A Coruna. Wir bestellten Calamares und Peter? Er ließ uns kosten und es war sehr lecker. Er klärte uns dann auf daß es sich um Hai handelt, der hier wohl weit bekannt am besten zubereitet wird. Oh no. Das wollte ich eigentlich nicht. Es sind viele Haiarten schon bedroht, der Handel wird nicht gut genug überwacht und durch die Jagd auf seine Flossen oder um es unschädlich zu machen quält man das arme Tier schon genug. Essen wollte ich es nicht auch noch. Zu spät.

Während Petzi noch auf dem Boot saß und auf Manana wartete, tunkte ich mich im frischem Wasser munter und sauber und packte meine Wandersachen. Dann ließ ich mich zu einer Bucht chauffieren. Dort machte ich, nach einer Klettertour (die ca 20m2 große Bucht war nur über die sie umschließenden Felsen mit Seilen zum festhalten zugänglich), einen ausgiebigen Spaziergang über die Halbinsel von einer Bucht zur nächsten und zurück am Leuchtturm vorbei. Der dichte Eukalyptus und Mischwald roch angenehm. Die Blätter waren jedoch sehr rutschig und auch kühler war es im Wald nicht. Überall hörte man es knacken und ächzen, wenn die Rinde aufplatzte und die langen Streifen der Eukalyptusbaumrinde wie Lianen auf den Ästen hängen blieben. Auch ging ich durch ein Stück Wald, daß mir buchstäblich den Atem verschlug. Schwarzgraue Asche und verkohlte Baumstämme zeugten von einem Brand. Der Rauchgeruch stand wie eine Wand und machte das Atmen schwer. Aber gleich unter der dünnen Ascheschicht wirbelten meine Füße wieder gesunde braune Erde hervor. Zurück am Hang zur Bucht regte sich wieder meine Höhenangst. Da mußte ich aber durch wenn ich wieder abgeholt werden wollte. Also klammerte ich mich da wo keine Leinen hingen an dornigen Büschen fest und kratzte mir mal wieder die Beine und Arme auf – immer noch lieber als abzurutschen. Aber stolz wie Bolle mit wackligen Knien kam ich unten an. Ich badete noch kurz im kristallklaren (bis auf die Tüten, Dosen und sonstigem Unrat, den die Spanier hier gern im Wasser vergessen) türkisen Wasser und wurde auch schon wieder zurück chauffiert. Manana hieß heute halb 6 und schnell erledigte der Mechaniker seine Arbeit und es werde Licht. Alle funktionierte. Ein zweites mal fiel uns der Stein runter den wir zwischenzeitlich wieder aufs Herz gesetzt hatten. Keine echte Ursachenbekämpfung, aber die Symptome behandelt. Abends veranstaltete Peter mit Petzi, Jürgen und mir ein schönes Barbecoa mit halbiertem Huhn oder Hahn und leckeren Chorizos direkt von seinem Gasbetriebenen on board Grill. Es war köstlich genau wie die Stimmung. Schade eigentlich daß wir schon morgen weiter sollten. Herzlichen Dank lieber Peter für Deine Hilfe, Deine zahlreichen Tipps für die Rias bis nach Madeira und Deine herzlich offene und amüsante Art. Es war ebensoschön Nick kennen zu lernen und wir hoffen ihn vielleicht noch mal wieder zu treffen um uns für seine Gastfreundschaft zu revangieren.

aktualisiert: 04.11.14

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