Des Nachts auf dem Wasser und 2 große Feiertage

 

die 149 sm nach Cherbourg begannen wir am 15.7. um 14:45 Uhr. Wir waren recht ausgeruht und freuten uns schon endlich etwas Strecke zu machen. Es war windstill und ich sonnte mich auf dem Vordeck. Irgendwann bekamen wir Besuch von Hummelchen, oder besser gesagt, einem dicken ausgewachsenen, fetten Hummelvieh. Trotz seiner Fülle, oder vielleicht auch genau deswegen, landete er schwach und kurz vor einer Ohnmacht in unserer Plicht. Ich besorgte sofort für unseren französischen Gast Kuchen in Zuckerwasser getränkt. Es schien ihm zu munden und so drehte er hier und da ein paar Runden um unser Boot, schaute sich auch drinnen genauer um (zum Glück hatte ich aufgeräumt) und kam zum dem Entschluss, daß er die Strecke ja auch auf dem Boot zurücklegen könnte, da wir eh alle in dieselbe Richtung wollten. Nur eine Nachtschicht wollte er nicht übernehmen und hat sich klammheimlich in meinen Petersilientopf verkrochen. So hatten wir bis Cherbourg einen dritten Mann an Bord. Um 18 Uhr schickte ich den Capitano in die Kajüte und meine 1. Schicht begann. Ich wollte die Sonnenuntergangschicht um die schöne Aussicht und die Ruhe zu genießen. Die Arbeit machte Helmut, unsere Selbststeueranlage. So konnte ich es mir am Seezaun gemütlich machen. AIS und die Seekarte behielt ich brav im Auge und nur steuerbords sah man im TSS (Verkehrstrennungsgebiet) einige Schiffe. Diese Seestraße umgab ein gelber Schleier der von einem Ende des Horizonts zum anderen reichte. Erst dachte ich es sei Nebel, aber der Capitano klärte mich auf. Es waren die Abgase der Schiffe die sich über die See wie ein Schleier legte. Umweltverschmutzung unübersehbar. Hier und da in Seegrasfetzen schwammen auch Müllzeug rum, wie Tauenden (Oh oh, da kam mir gleich mein widerspenstiger Festmacherfreund ins Gedächtnis – aber ich hoffe noch auf einen Einsiedlerkrebs, der sich daraus sein neues Häuschen flechtet), Bierdosen, Plasteflaschen und so. Jedoch noch nicht so viel, daß man es anekelnd findet. In Venezuela waren viel mehr Müllsünder unterwegs und dazu der Gestank... Ich wette dort hat die Hälfte der Einwohner Migräne... Aber anderes Thema!

Der Fahrtwind machte die Hitze angenehm und so schrieb ich gut gelaunt Tagebuch. Ich genoss die Fahrt und ließ meine Gedanken und Blicke über den Horizont schweifen. Als es langsam dämmerte zog hier und da leichter Nebel auf.Ich hatte aber soviel Sonnenendorphine getankt, daß ich es ruhig nahm und mich aufs AIS verließ. Das lange Schreiben war mir irgendwann zu langweilig und ich beschloss Helmut eine Weile ruhen zu lassen und ging selbst an die Pinne. Ich wich den großen Seegrasinseln aus die sich über große Flächen erstreckten. Ich versuchte mit dem Enterhaken mal einen Flatsch aus dem Wasser zu ziehen. Das gelang mir aber nicht und als ich Helmut grad wieder anschmeißen wollte, mit Haken in der Hand und über meine ganze Aktion den Kurs aus den Augen verlor, wurde natürlich der Capitano wach und schüttelte nur fragend den Kopf. Habs aber alles wieder hin bekommen. Später als es schon dunkel war, waren noch ein paar Fischerboote unterwegs, aber ansonsten so gut wie nichts los. Ich hatte mir alles viel schlimmer vorgestellt. Im Wasser erspähte ich dann noch das leuchtende Plankton, das im Schaum der Wellen im Achterwasser und an den Seiten des Bootes glitzerte. Ich hörte ein Buch, lies mich nach Schweden entführen und hätte dabei ewig, seelig ins ins Wasser starren können mit seinem Leuchten und Funkeln. Um halb 3 war dann der müde und wenig ausgeruhte Capitano an der Reihe. Mit Kaffee, Reiswaffeln und Bouletten bewaffnet ging er ans Werk. Er hatte nur wenig geschlafen und meist nur gedöst, als ich fuhr. Seine Schicht war langweilig, wie er meinte. Alles interessante passierte ja schon in meiner Schicht. Dennoch legt er wert darauf zu berichten, daß er in seiner Schicht den Nullmeridian und die 1000 Seemeilen seit Diensdorf überschritten hat. UHUHU. Halb 10 am nächsten morgen stand ich auch wieder auf der Matte. Diesmal mit Regenschirm statt Enterhaken bewaffnet um mir die Sonne vom Leib zu halten, die unermüdlich aufs Boot brannte. Nur das Schlechte daran ist, wenn man den Schirm einmal irgendwo fest gewunden hat um 1x1 m Schatten zu haben, muß man entweder mit dem Schatten in der Plicht mitwandern oder den Schirm alle halbe Stunde neu anknippern. Halten ist auch doof, weil man will ja beide Hände für etwas besseres benutzen. Lief aber darauf hinaus. So brachte ich die Zeit rum während der Capitano wieder nur halb schlief. Die letzten Meilen zogen sich hin und eine Ankerbucht vor Barfleur schauten wir uns zwar kurz an, aber der Capitano fühlte sich noch zu unsicher bei den Tiden und in einer recht ungeschützten Bucht, hier allein zu ankern. Also Cherbourg. Wir kamen um 16Uhr am 16.7. dort an. Wir bezahlten brav die 18 Euro pro Tag (Wow mal richtig günstig), aßen, spielten noch etwas Poker und dann ab in die Koje.

Der 17.7. war mein Tag. Petz überraschte mich mit frischen Croissants mit Kerzchen drauf, leckerem Espresso, Sekt und Erdbeeren zum Frühstück. Mein Geschenk hatte ich mir ja schon auf Norderney ausgesucht und Überraschung: die Hose passte wie angegossen :) Wir bummelten den Tag durch die Stadt und befanden sie doch sehenswert, mit schöner Kirche, vielen Brasserien, kleinen Läden mit frischem Gemüse und Fisch. Der arme Petz musste mit in ein paar Klamottenläden, weil Sachen hier leider auch preiswert sind, wie der Fisch. Hab aber dennoch nichts gekauft. Um meine schlechte Stimmung darüber wieder etwas auf zu bessern, beschlossen wir schön essen zu gehen. Aber gerade hier, in Frankreich mit seiner haute cuisine, fanden wir kein richtiges Restaurant. Nur Bars und Brasserien mit Snacks und Getränken. Die teuren Restaurants am Hafen wollte ich ersparen. Außerdem waren sie im Schatten und an einer großen Straße ohne Ambiente gelegen. So streiften wir über eine Stunde durch die Altstadt ohne Erfolg. Als wir aufgeben wollten, sprang uns ein Schild ins Gesicht und wir folgten dem Wegweiser zu einem sehr schönen Restaurant in einem blumengesäumten, grünen und sonnigen Hinterhof. Juhu. Mit Muscheln und Steak, well done, ging mein Tag zu Ende.

Am 18. machten wir Hafentag, wuschen so an die 40kg ;) Wäsche, proviantierten uns wieder, Kraftstoff gekauft u.s.w. Die Wäsche hat mich dann noch recht geärgert, denn als ich die schöne saubere Weißwäsche vom Seezaun klaubte fielen mir Rostflecke überall darauf auf. Und ich hatte sie auch noch gewendet! GRRR. Also merken: keine helle Wäsche über den Seezaun. Am nächsten Tag war ja auch schon Chritophs Geburtstag. Ich überlegte wie ich sein Frühstück toppen könnte, ohne extra früh in die Stadt zu laufen. Also gab es Creppes, oder eher Eierkuchen 2x süß und 2x deftig, mit Apfelmus, Schlagsahne, Kirschen, Tomaten, Salat und Belag. Tja, hab mich selbst reingelegt, denn Brötchen kaufen wär schneller gegangen. So war Petzi weit vor der Zeit vom Duschen, Einkaufen und Boote gucken zurück und es war noch nix fertig. Er hat sich aber dennoch gefreut und es sah aber auch gut aus! Er hatte sich schon ein Fischerhemd auf Norderney ausgesucht und als kleine Überraschung gab es von mir noch ein Fisch-Kochbuch. Den Tag gingen wir spazieren oder eher wandern. Wir machten uns auf den Weg durch Cherbourg bis zum Chateaux Ravalet. Es war heiß und wir verliefen uns auch wieder. Aber man staune: trotzdem wir fast alles aus den 5 Jahren Französisch Unterricht vergessen hatten, konnte ich der Dame die uns den Weg beschrieb folgen und verstand sogar, daß ihre Zwillingsschwester in Frankfurt mit ihrem deutschen Mann lebt. Klar könnte sie auch was komplett anderes gesagt haben, aber da wir der Wegbeschreibung folgten und am Chateaux ankamen, ist bewiesen, daß da was dran sein muss :)

Auf dem sehr grünen Weg zum Schloß, machten wir noch eine Pause an einem kleinen Bach unterhalb einer Brücke und genossen die Reste des Frühstücks. Sehr schöne Gegend so wie auch das Chateaux und deren riesiger Schloßgarten. Nur die etwas blutige Ausstellung moderner Kunst und Plastik im Schloss war leicht irritierend – sollte wohl auch. Nach einer Fotoausstellung mit Collagen von Portraits aus Frankreich und Kambodscha, genossen wir noch ein Tässchen Kaffee mit Fingerspreizer und beendeten unser kulturelles Programm. Den Rückweg bestritten wir dann mit Bus. Wir kauften 2 Karten. Übrigens in französisch von Petzn, der mir allerdings zu oft beim Spanisch üben zu gehört hatte und sehr oft „Si“ statt „Oui“ oder „Por fovore“ statt „S'il vous plais“ meinte. Anschließend übersahen wir dann aber den Knippser und entschlossen uns dann den Touribonus auszuspielen, falls einer fragt. So fuhren wir das erste mal schwarz in Frankreich. Die Karten schenkten wir dann im Hafen unseren netten Bootsnachbarn, die an dem Tag neben uns fest machten. Die Orion und seine Crew, Stine, Dirk und die kleene Neele, lernten wir dann später auch etwas besser kennen. Es waren die ersten die wir näher kennenlernten und Wunder was! Sie haben fast dieselben Routenpläne wie wir, sind aber genauso verhalten, darüber ob sie ihre Ziele erreichen oder vielleicht doch zu hoch stapeln, wie wir. Allerdings haben sie ja auch ein kleines 5 jähriges Mädchen an Bord, die sie ganz schön auf Trab hält und alles etwas anstrengender macht (So müssen Mama und Papa zum Beispiel dem Knirps auch was Kaufen, wenn sie sich mal wieder nur für sich Seekarten leisten! :) Stolz präsentierte sie uns ihre rosa Armbanduhr mit Geheimversteck. Ach zum Knuddeln der kleine Blondschopf. Zum Abend organisierten wir uns 1 ½ kilo Moules aus Barfleur und 4 Austern. Rezept aus dem neuen Buch. Vorsichtig probierte ich auch eine der schwer zu öffnenden Austern. Im Hinterkopf immer das Desaster von letztem Heiligabend, an dem ich bei Familie Petzold meine erste Auster im Leben probierte und dann die ganze Nacht neben dem Eimer am Bett verbrachte. Sie meinten es dabei nur gut. Ich dachte schon, ich werde wohl nie in einem 5 Sterne Restaurant essen gehen können und bin biologisch schon nicht für die Upper Class konstitioniert. Aber diesmal ging alles gut und das Glibberding ging unter im Moulessalat. Geschmeckt hats auch ganz gut. Später hatte ich für den Petzn noch ein Reggae – Konzert und eine Freiluftfilmvorführung eines französischen Musicals, das Ende der 50er in Cherbourg spielt und englisch untertitelt war, organisiert. Direkt auf einer großen Wiese am Hafen. Danke nochmal liebes Cherbourg Festival. Nur das mit dem Umfegen der aufblasbaren Großleinwand, wenn der Wind etwas stärker fegt, war nicht so toll. Obwohl die amüsierten Rufe und der Applaus, als die Leinwand sich wieder aufrichtete, grad bei den sensiblen Szenen, doch sehr amüsant war. Bestens gelaunt gingen wir zu Bett.

aktualisiert: 04.11.14

Sponsored by: