Alle guten Dinge sind 3 – ab nach England

 

Wir verließen wehmütig den Guadiana. Erst verwarfen wir aber noch unseren neuesten Plan, das Boot im Rio zu lassen und dann mit eigenem Kraftfahrzeug durch die Landen zu streifen. Später, nach neuen Sparmaßnahmen, hätten wir das Boot wieder zurückgebracht und so unseren Urlaub für ein Jahr Arbeit unterbrochen. Aber dem Petz war die dicke, schwedische Dame unserer Gesellschaft zu kostbar um sie zurück zu lassen. Auch wenn sie fürs Binnensegeln eigentlich überqualifiziert ist, will er sie wieder in den See einsperren. Man merkt wohl, daß sich die Capitina wohl anders entschieden hätte und der Dame me(e)hr blauen Freiraum gegönnt hätte. Aber da sich Dinge nun mal schnell ändern und man nie weiß was in einem Jahr ist und ob man dann noch mal los ziehen kann oder will, macht man erst mal eins zu Ende, beschloß die erwachsen wirkende Steffi. (Nur um endlich auch einmal etwas Vernunft in unsere Unterfangen mit einfließen zu lassen ;) 'Es ist, wie es ist', sagte Buddha.

Wir brachen am 4.4. von Alcoutim nach Ayamonte auf. Es war Zeit den Wolf im Schafspelz zu impfen. Chocolotte war tapfer als sie die Nadel und den Chip bekam, aber als die Ärztin ihr die Ohren mit einem Tuch säubern wollte hat sie gefiept als würde man sie ihr abschneiden anstatt nur den Schmalz raus zu wischen. Hunde sind komisch, Menschen allerdings auch. Ich wüßte zu gern was die Wollmaus denkt wenn der Petz oder ich sie Morgens oder Abends zutextet mit unseren: 'Da muß ich ja mal den Krümel wegputzen, sonst kann der Papa sich da nicht hinsetzen...' oder 'So! Jetzt schlafen wir mal und denken drüber nach was wir heute alles falsch gemacht haben. Da wäre das Leine ziehen, Hochspringen, jeden Müll in den Mund nehmen, in die Klamotten beißen....' Manchmal dreht sie den Kopf schief, als würde sie sagen wollen:'Was soll denn das jetzt wieder heißen?! Von mir kannst Du ja wohl nicht reden. Erzähl hier keinen Mist!'

In Ayamonte trafen wir auch unsere Bekannten aus Greifswald wieder. Die Seastar2 hatte jetzt wie wir auch die Winterpause beendet und war aus Lagos hergekommen. Sie wollten noch den Guadiana erkunden und so trennten sich unsere Wege schon wieder nach nur ein paar Tagen. Vielen Dank für die Lektüre und euch eine gute Weiterfahrt.

Der 8.4. war ein schicksalhafter Tag! Wir mußten erkennen, daß der Begriff 'Wasserhund' sich wohl eher mit 'überall Wasser lassen' als mit Seetüchtigkeit verbinden ließ. Die sonst so rotzfreche Göre schrumpfte zu einem kleinlauten braunen Krümel zusammen und statt fröhlicher Wuffs kam mehrfach ein Würg aus ihrer Kehle. Wir versuchten sie draußen zu lassen, dann im Salon. Nichts half. Sie übergab sich mehrfach und trank und aß nichts. So änderten wir unseren Kurs von Chipiona auf Mazagon, um die seekranke Hündin nicht weiter zu quälen. Hat die Mama fast stolz gemacht. Schließlich hatte sie alles andere, wie Locken und Klimperwimpern (und rumgebelle:) vom Papa, wenigstens wußten wir, daß die Seekrankheit von der Capitina abstammte. Petz war am Ruder und die Capitina hatte alle Hände voll zu tun den Hund zu umsorgen und unten im Salon nicht selbst wieder seekrank zu werden. Bis auf des Hundes ersten Meerwasserkontakt ist Mazagon nicht weiter erwähnenswert. Am 10. ging es auf die kleine Etappe nach Chipiona unter (na was wohl?!) Motor. Auch hier das gleiche Trauerspiel der Akteurinnen unter Deck. Und der Capitano mußte wieder stundenlang alles alleine regeln. In Chipiona kurierten wir uns erst mal. Die Stadt ist wiederum einen Besuch wert, wenn auch recht touristisch, hat sie eine schöne Strandprommenade, Altstadt und Leuchtturm. Der Hafen hat alles was man baucht. Nur der Weg in die Stadt ist etwas weiter. Nach 2 weiteren veterinärmedizinischen Ausflügen starteten wir um eine Hundereisemedizin verstärkt nach Cadiz. Wir kamen nicht weit. Der Motor spinnt. Diesmal war ein ratterndes Schlagen zu vernehmen. Propeller? Welle? Wir drehten wieder um. Das laute Geräusch war von Anfang an da gewesen. Der Capitina war natürlich nichts aufgefallen. Aber was soll man erwarten, bei jemandem der 5 Kilometer Auto mit Platten fährt? Irgendwann fand sie es aber in beiden Fällen etwas laut im Cockpit. Also wieder zurück in den Hafen und Propellertauchen. Petz wagte sich ins kalte Nass und machte alle Pocken ab. Aber auch das half nicht. Anima sah mal wieder aus wie eine Werkzeugkiste. Ihre Eingeweide wurden offen gelegt und die Schwester betrachtete eingehend den Patienten. 'Die Welle muß wohl verbogen sein' lautete die Diagnose. Patient hat also O-Beine. Einen Schlag oder ähnliches am Propeller hatten wir nicht mitbekommen. In den nächsten Tagen versuchte Petz sie zu verarzten, während die Capitina die Wäsche des Patienten reinigte, sich die Stadt anschaute, natürlich shoppen ging und den Hund bespaßte. Wir vertrödelten die Zeit und genossen das langsam wärmere Wetter. Auch lernten wir dort mehrere Leute kennen, was wir unserer Perrita zu verdanken haben. Mit vielen Hundebesitzern kamen wir ins Gespräch, auch wenn wir uns nur teils verstanden. Die meisten waren Spanier und uns fiel erstmals auf wie viele Perro de Agua Besitzer es hier unten gibt. So ein Welpe ist schon sehr kontaktfördernd.

Beim nächsten Auslauf war die Patientin noch nicht geheilt. Nach einer halben Stunde machten wir kehrt und gleich nach Ostern kam die Dame in den Trocken-OP. Mit dem Travellift gings morgens raus und abends wieder rein. Dazwischen schrubbte der Petz die Dicke ordentlich und verpasste ihr noch ne Antifoulingmaske. Die Welle wurde inspiziert, aber war gerade. Der Mechaniker machte uns ein Angebot zum Ausrichten des Motors.Also bekam Anima wieder nasse Füße und am nächsten Tag kam der Onkel Doktor und richtete den Patienten. Der Motor und die Welle waren wieder geheilt und so brachen wir zum 3.Mal von Chipiona auf - 14 Tage nach der Ankunft.

Die Seekrankheit schlug wieder zu beim Hund, trotz der Pille. Chocolotta kotzte trotz der segelbaren der NW 3-4 voll ab. Wie beim letzten Mal waren wir kaum aus der Hafeneinfahrt heraus da ließ sich auch die Tablette, 45min vorher verabreicht, wieder blicken. Vielleicht noch länger einwirken lassen? Nach 4 Stunden Qual waren wir schon in Rota. Und wie bei der Capitina ist die ganze Hundestimmung verflogen sobald man den Ponton berührt. Rota führten wir uns 5 Tage zu Gemüte. Es gefiel uns dort sehr und die Püschamaus hatte wegen ihres undichten Ventils am Hinterausgang eine Püschaentzündung bekommen. Wen wundert's bei den vielen Pfützen, die sie produziert. Also wieder Tierarzt. Diesmal kam die Perrita nicht mehr so ungeschoren davon. Sie durfte nun einen modischen Lampenschirm um den Hals tragen und bekam antibiotische Salbe. Obendrauf gabs Krallen scheren und neue Reisemedizin. Die Menschen waren optimistisch, während der Hund seinen Kopf hängen ließ – besser gesagt: mit ihm hängen blieb.

Die Marina war einwandfrei und die Sonne strahlte uns vorsommerlich entgegen. Und dann gings weiter. Petz meint ja immer: Wir müssen ja! So ein Satz - und das im Urlaub! Man merkt deutlich es geht um den Heimweg und unser Erspartes geht zur Neige. Was schade ist, denn der Rückweg gehört zur Reise dazu und wir müssen uns ganz schön zusammen reißen nicht immer schon ans Ende des Weges zu denken, sondern die Reise weiterhin zu genießen. Die Zeit die wir hier so schön vergeuden, kommt nicht wieder.

Am 29.4. segelten wir nach Barbate mit N-NW 3-4, teils 5. Von hier wollten wir nach Verproviantierung gleich die Straße von Gibraltar meistern. Na ja, Jürgen ist der Segelmeister, wir nicht. Am 1.5. ließ uns der Nebel verzagen. Am 2.5. versuchten wir trotz Ostwindes (2-3) bis Tarifa. Aber der Wind nahm gegen die Vorhersage zu. Anima, die gute Seele, stampfte sich in den gischtigen Wellen 8nm vor Tarifa dermaßen fest, daß wir nur mit 2-3kn vorankamen. Dazu bekam der Hund tierisch Angst von dem lauten Stampfen in den Wellen, das sich anhörte als würde man das Vorschiff sprengen. In Tarifa erwartete uns nichts und da die nächsten Tage noch mehr Ostwind vorhergesagt wurde, sparten wir uns die 3-4 h Fahrt nach Tarifa und drehten nach Barbate wieder ab. So krass sich die Wellen gegenan angehört hatten so niedlich waren sie achterlich. Allerdings war jetzt der Strom gegen uns, aber wir konnten Segeln und das ganz angenehm. Segeln könnte so schön sein, wenn sich das Ziel doch nur nach dem angenehmsten Kurs richten würde. Ein gutes hatte es, den ganzen Tag unterwegs zu sein. Wie auch am Nebeltag hatten wir der Hundedame in der Frühe schon die Tabletten aus Rota gegeben und sie hat nicht gekotzt. Weder auf unserer Tarifarundreise noch den Hafentag bei Nebel :)

So verbrachten wir weitere 5 Tage in dem uninteressanten Hafen von Barbate. Nicht nur das wir wegen unserer Bootsgröße am Arsch der Marina liegen mußten und so zu den Aseos ewig brauchten, Nein. Wir mußten auch erst die ganze, lange Hafenanlage passieren, ehe wir nach ca 20 min in der Stadt waren. Dafür war die Umgebung schön. Mit Fahrrad wäre es sicher traumhaft gewesen sich im Naturschutzgebiet umzusehen. Aber so waren wir schon nach kurzer Zeit auf den schattenlosen Wegen erschöpft. Die Sonne brütete und nur dem Wind sei Dank, daß wir nicht schmolzen wie Kerzenwachs an der Flamme. Wir verstehen sehr gut, warum sie hier Siesta halten (allerdings nicht im Winter) und daß sich hier leute Klimaanlagen auf die Boote setzen. Wir versorgten uns mit einem kleinen Autoventilator und einer Wassersprühflasche. Unserem Budget entsprechend – natürlich auch wegen der Klimarelevanz ;). Der Hund ist besgeistert und macht seinem Namen alle Ehre, auch wenn er noch nicht im Meer schwimmen war. Ich weiß auch nicht was die Leute der Futtermittelhersteller so ins Fressen packen, aber unsere Süße Welpin wächst als hätten wir ihr Dünger gegeben und auch das Fell sprießt wie Unkraut. Aber sie macht sich. Wir brauchen nur viel, viel, viel und noch mehr Geduld, weil sie glaube ich ADHS hat. Aber ich bin ja kein Psychologe!! Die erweiterten Pupillen nach Spaziergängen und Rationen, so 2- 3 Mal am Tag machen mir Sorgen. Sie scheint voll auf Fressen zu sein, ist oft die Diagnose. Dann ist sie nicht zu bremsen. Zerreißt ihr Stoffkörbchen und rast wie eine Flipperkugel über die Yacht. Gott sei Dank haben wir das Netz an der Reling. Aber wie lange bleibt sie noch zu klein um drüber zu purzeln?

Der 3. Versuch auszulaufen brachte das Ersehnte. Wir stampften uns am 7.5. Richtung Barcelona (Merke: mit Bajamar Richtung Barcelona und mit Pleamar Richtung Plymouth; Fischerspruch in Barbate). Trotz Ostwindes. Zum Glück nahm die 2-5 kurz nach Tarifa ab und wir durchquerten, mal wieder motorend, die Straße von Gibraltar. Afrika's Berge sahen so nah aus, als hätte man rüberspucken können. Am frühen Nachmittag erreichten wir La Linea. Eine saubere, schöne Privatmarina mit fairen Preisen und Kloradio. Wir lagen mit Panoramaaussicht auf Gibraltar am letzten Steg, so daß nicht einmal Masten die Aussicht blockierten. Die Engländer ließen sich natürlich nicht nehmen den Felsen prunkvoll des Nachts anzustrahlen. Dafür nahmen sie aber auch horende Eintrittspreise ins Felsenarreal. Wir ließen uns in der Stadt bespaßen. Affen gab es dort auch und in Südostasien hatten wir schon genügend der frechen Art gesehen. Wir schlenderten durch den schönen botanischen Garten und standen am südlichsten Punkt Europas, von dem man allerdings Afrika nur hinter einer Nebelwand vermuten konnte. Als Willkommensgruß nehme ich an, stand dort eine einsame Mosche hinter einem gepflegten Leuchtturm, der mich stark an die Heimat erinnerte. Ansonsten sind die Geschäfte eingehender betrachtet worden, wobei von der Kommerzexpertin des Bootes festgestellt wurde, daß die meisten Sachen, wie auch in Spanien Chinoware sind und die Verkäufer zu 98% Spanierinnen. Wen wundert es also, daß dort rechtsverkehr herrscht? Wahrscheinlich wollte man die ganzen Touris und Spanier mit ihrem falschen Seitensystem nicht verstören. Zur Sicherheit schrieben sie für die gebürtigen Engländer noch an jedem Zebrastreifen in welche Richtung sie zu schauen hatten. So sind alle Seiten zu Frieden und die Blinden oder Analphabeten fallen nicht ins Gewicht. An England erinnern dann wenigstens noch die Sprache, die roten Telefonzellen, die Muffigkeit der Busfahrer und die Chipsbeilage bei jedem Essen. Ansonsten wirkt alles zu mediteran und sonnig. Alkohol- und Tabakwaren sind dort sehr preiswert.

Am 11.5. verließen wir diesen sonnigen Zipfel des UK und wir machten uns auf den teils besegelten Weg nach Marbella. Dem Hund ging es gut, auch ohne Medizin. Wieder ganz capitanalike war sie hundemüde und verschlief die 6 Stunden-Etappe. Wir fuhren in den westlichsten Hafen. Er war klein und ohne Hafenangestellte. Also machten wir einfach an einer freien Mooringleine fest. Das System hier im Mittelmeer ist zwar unkomfortabel aber wenigstens muß man keine Bojen angeln, wie das so oft auf der Ostsee so daneben geht. Man legt mit dem Bug oder Heck am Steg (meist Beton) an, hangelt sich die Hifsleine raus, bis man die Mooringleine hat und die hält einen dann wie ein Anker am anderen Ende fest – wenn sie denn lang genug ist. In Marbella lagen wir gut. Die Marineros waren nicht auffindbar, dafür um so mehr laute Musik, Hotelburgen vor der Nase und stolzierendes Tourivolk. Wir wollten gleich wieder weiter. Gleich am nächsten Tag machten wir uns wieder auf. Die Marina war Montags wieder geöffnet und man entschuldigte sich. Als Leckerli gab es für uns die Nacht umsonst. Die mediteranen Seenesen sind bis soweit sehr freundlich. Trotzdem fuhren wir weiter Richtung Malaga. Anfangs gabs Wind auf die Nase (4-5 Bft), dann drehte er auf NO , nahm auf 2 ab und entschied sich auf SW Richtung. Wir segelten mit dem Oststrom und 6kn fröhlich an den bebauten Ufern entlang. Nach 6 Stunden kamen wir in Puerto del Candado an. Ein kleiner beschaulicher Hafen, mit uns als einzige Gastlieger, vor villenbebauten Hügeln.Sehr schön, aber schwellig und die Mooringleinen zu kurz, so daß wir an der Hilfsleine festmachten. Die Aussicht, die Anlagen und die Lage entschädigte aber vollkommen. Neben uns die Playas und in 20min für wenig Geld im Zentrum von Malaga. Die Stadt hat prunkvolle Gebäude und eine nette Altstadt. Sie wirkt wie eine Großstadt nur alles etwas konzentrierter. Sie hat eine Allee die an Ku'damm erinnert, Shoppinggegenden wie am Alex und kleine Bargegenden wie im Prenzlauer Berg. Nur kommen hier die Überbleibsel einer Festung auf einem Hügel über der Stadt, das großräumige Hafengelände, eine Stierkampfarena und das ganze mediterrane Flair hinzu. Die Capitina fühlt sich pudelwohl hier. Im Moment wüten noch Stürme in unseren Vorhersagegebieten. In El Candado bekommen wir aber nur den Schwell mit, der die Gischt über die Molen bis auf's Boot schleudert. Wenn sich das Meer beruhigt, hat geht’s weiter Richtung Frontignan.

 

Bis bald

eure tierischen Animateure

aktualisiert: 04.11.14

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