Die Diva Biskaya

 

Sie ist schön. Glänzend stellt sie sich ins Rampenlicht und zeigt kokett

was sie so Schönes zu bieten hat. Nur ist die Dame auch launisch und ohne große Vorwarnung wütet sie.

Am 8.8. gegen 8 Uhr klopfte es an unser Boot und die Orion verabschiedete uns. Sie wollten sich erst mal Brest anschauen und dann noch etwas weiter die Bucht erforschen. Etwas traurig wünschten wir ihnen gute Fahrt und viel Spaß. Wir machten uns gegen Mittag allein auf den Weg. Mir war immernoch flau und morgens sah ich im Gesicht aus wie ne Bulldogge die noch zusätzlich frontal gegen eine Wand gelaufen ist. So fühlte es sich auch an. Wir frühstückten lang und um 12 legten wir ab. Laut Berechnung müssten wir bei durchscnittlich 5 kn so ca 10 Uhr in 3 Tagen in Spanien sein. Auf Wiedersehen schönes Südfrankreich. Ich teilte die Aufregung des Capitanos nicht. Zum einen war ich zu sehr mit mir selbst und der Dogge beschäftigt zum anderen vertraute ich den Prognosen. Ich überprüfte noch mal die Sicherheitsausrüstung und den Luftballon den ich mit in den Überlebensseesack gepackt hatte, damit dieser schwimmt. Alles da: Satellitentelefon, Solarakku, Angelzeug, Anti-Hai- und Wieder-ins-Boot-Komm- Messer (Siehe 'Open Water'), Pfeife, Hand GPS, Handfunke, 2l Wasser, Müsliriegel und Snickers („Wenns mal wieder etwas länger dauert ...“ -mit der Rettung :). Gut vorbereitet also. Ich machte mich daran einen Schmorsalat zu kochen aus Weißkohl, Nudeln, Zwiebeln und Speck. Es war heiß und sonnig. Es war wie in einer Sauna und unfreiwillig inhallierte ich den Dampf über dem Herd bis mein Kopf puterrot war. Den strömungsintensiven Raz de Seine, der einem nur ein kleines Zeitfenster gab und damit die Ankunftszeit zu genau berechnet werden mußte, sparten wir uns und fuhren erst einmal westwärts weiter raus bevor wir einen südlicheren Kurs einschlagen wollten. Der Raz blieb östlich liegen. Ich brauche wohl nicht mehr erwähnen das kein Lüftchen wehte. Es war Nachmittag , als wir über der spiegelglatten See in einiger Entfernung raubende Vögel sahen. Mehrere kreisten über der unsichtbaren Beute und schossen dann plötzlich wie Pfeile mit angelegten Flügeln senkrecht ins Wasser. Und dann sahen wir sie. Sie schienen vom Propellergeräusch angelockt worden zu sein. Von weitem glänzten ihre grauen Rücken und die markante Rückenflosse auf. Und sie kamen tatsächlich auf uns zu und waren auf einmal da. Diese schönen und neugierigen Tiere mit ihren glänzenden grauen Körpern, die nur aus Kraft und Stromlinie zu bestehen scheinen und so tiefe schwarze, wissende Augen haben. Sie bewegen sich mit einer solchen Leichtigkeit durchs Wasser, als spürten sie keinen Wiederstand. Mit dieser perfekt angepassten Kraft scheinen sie durchs Wasser zu fliegen. Sie springen und drehen sich als wäre es das Schönste auf der Welt. Es strahlt so viel Freude aus. Als ich die Delphine sah, fing ich an aufgeregt durch die Plicht zu springen. Ich brauchte einen Satz um die Kamera zu holen und wieder wie ein Huhn in der Plicht von einer zur anderen Seite zu hetzen. Sie schwammen links, rechts, mal unter, mal vor uns. So an die 8 Delphine. Ohne Angst schwammen sie an der Schraube vorbei und sprangen mit einem Pffff aus dem Wasser. Gleichzeitig links und rechts vom Boot. Mal näher, mal weiter weg und mal direkt unter uns. Durch die glatte Wasseroberfläche waren sie gut zu sehen, wenn sie ganz nahe waren, aber da sie so schnell und kreuz und quer schwammen, konnte man sie nicht lange und eingehend betrachten. Ich quiekte wie ein kleines Kind und versuchte irgendwie ihre Geräusche nach zu machen, versagte aber kläglich was den Petz zum Lachen brachte. Egal ich quiekte weiter, weil es sie ja auch nicht verscheuchte, wenn auch nicht anzulocken vermochte. Im Boot unter Deck konnte man sie sogar hören. Es klang wie ein Gerät das manchmal in der Steckdose anfängt zu fiepen. Ganz hoch und kurz. Eine Oktave höher und man könnte es nicht mehr hören. Die Bilder zeigten meist nur Wasser und ich verschoss so an die 70 Bilder. Dann waren sie plötzlich verschwunden so schnell wie sie gekommen waren. Wir hatten nicht auf die Uhr geschaut, aber es waren sicher 5 min, die sie uns begleiteten. Eilig und wahrscheinlich schon außer Hörweite rief ich ihnen noch zu, nicht nach Japan oder Norwegen zu schwimmen.

Ich muß immer wenn ich Delphine oder Wale sehe an blutrotre Buchten denken; die schrecklichen Massaker, die sie jährlich in Japan (Taji vor allem) durchführen. Die Delphine, kleine Wale und Tümmler werden in kleine Buchten getrieben und abgeschlachtet. Damit das Blut das Wasser nicht mehr so rot färbt, werden die Wunden 'verstöpselt' und die Tiere verbluten langsam und qualvoll innerlich. Vor den Blicken der Tierschützer und den neugierigen Reportern wird der Schauplatz mit Planen verhangen. Polizei verscheucht die Reporter und Aufnahmen sind von der Regierung aus verboten. Am Ende landen die Delphine dann als Delikatesse im Verkauf und die schönsten Tiere werden gefangen und an Aquarien in aller Welt verkauft. Deutschland hat wohl auch welche aus solchen japanischen Massakern. Dabei sind es solch treue Tiere. Selbst wenn ein Delphin aus ihrer Schule neben ihnen gerade getötet wird fliehen sie nicht sondern bleiben beisammen. Deswegen ist es auch so einfach sie zu fangen und in Gefangenschaft zu halten. Denn auch wenn einer entkommt und sich in Freiheit befindet, wird er wenn ein anderer Delphin aus seiner Schule noch gefgangen ist, nicht fort schwimmen. Es ist so traurig und ungerecht – als Delikatesse?!? Woanders gehen Menschen mit Delphinen aus solchen Buchten schwimmen, aus medizinischen Gründen und als Tourifreude. Die Delphine, die wir gesehen hatten waren frei und tollten sich zum Glück in der Biskaya, aber mit ihnen schwamm auch mein Mitgefühl für ihre Artgenossen.

Ich schaute ihnen noch lange nach, dann legte ich mich schlafen. Irgendwann am späten Nachmittag rief mich der Capitano. Ich reagierte erst gar nicht. Dann meinte er da seien wieder Delphine. Mein erster Gedanke war: Schon wieder? Aber als Petz meinte direkt am Boot war ich hellwach. Mit Kamera bewaffnet ging ich hinaus. Diesmal waren es noch mehr. 10 vielleicht 12. Wieder quietschte ich und sprang in der Plicht rum wie die Delphine im Wasser. Die Kamerabatterie neigte sich dem Ende und nach 150 Bildern und 1 Video war der Saft alle. Ich kletterte zum Bug und auf allen Vieren stierte ich nach unten. Dort schwammen 4 Delphine über und nebeneinander und jagten mit der Anima mit. Sie kamen so nah und durchbrachen immer wieder direkt am Bugkorb die Wasseroberfläche. Es sah aus als würden sie dabei gegen den Steven springen. 2 Mal spritzte ihr Pfff aus dem Atemloch salzige Wassertropfen ins Gesicht. Es roch nach Fisch. Der am nächsten unter der Wasseroberfläche schwamm hatte an seiner linken Seite einen Abdruck, der aussah wie eine Schuhsohle. Er hebte sich deutlich vom grauen Hintergrund seines Körpers ab, war oval und mit parallel laufenden gezackten Linien durchzogen. Ich fragte mich woher das wohl stammte. Ein anderer hatte auch ein weißes Mal, wie ein Lackkratzer beim Auto, nur dicker. Der mit dem Schuhmal schwamm weit oben und drehte sich ein paar mal auf die Seite beimSchwimmen, als ob er das komische Wesen was da im Bugkorb hing und ihn anglotzte genauer betrachten wollte. Ich starrte zurück in sein tiefschwarzes Auge, welches durch die langgezogene dunkle Kontur die nach hinten führte fast traurig wirkte. Ich kann nicht sagen warum der Delphin so nah war und so neugierig. Bei Hunden sieht man was los ist, wenn der Schwanz wedelt, oder wenn die Ohren angelegt sind und er sich duckt. Aber bei Delphinen schaut man nur in die unendlich dunklen Augen und alles bleibt verborgen. Das macht wohl auch den Zauber aus. Sie sind so unnahbar.

Sie begleiteten die Anima sehr lange, vielleicht 10 min? Ich hoffte, daß das Antifouling ihnen nicht schadet und rief ihnen wieder meinen Rat hinter her: „Nur nicht nach Japan schwimmen!“ Und schwupps waren sie weg. Mir fiel erst nicht ein, daß ich wenn schon mein delphinisch so schlecht ist, sie doch wenigstens auf französisch oder spanisch ansprechen sollte. Aber auch das misslang: „ Niescht schwiemmä a Japong, sil vous plais!“ und „No nadar a Chapanno!“ Ich hoffte sie verstanden.

Um 18 Uhr fing meine Schicht an und das Schaukeln. Ich fühlte mich unwohl, leicht übel und kopfweh. Ich nahm es noch als diese leichte Erkältung die ich aus Camaret mitgenommen zu haben schien. Vielleicht auch die Abgase unserer Anima die in die Plicht geweht wurden. Jedenfalls war mir nicht speiübel, sondern so flau im Magen. Ich versuchte es zu ignorieren und lenkte mich mit einem Hörbuch ab und trank viel. Das Geschaukel nahm zu und wurde heftiger aber auch der Wind kam so gegen 22Uhr. Endlich konnten wir segeln mit dem NW Wind. Leider kamen aber die Wellen aus W und wir fuhren südwärts. Die seitlichen Wellen waren kurz und steil – nicht riesig- aber sie schaukelten das Boot hin und her, hin und her, hin und her.... Boa! Sie nahmen noch zu und wurden größer, so daß ich mich mit den Beinen gegenüber auf den Backskisten abstützen musste damit ich nicht runterfalle. Ich hielt mich fest und manche große Wellen brachten ein mulmiges Gefühl in der Magengrube hervor, als sie auf uns zu rollten und ich nur die dunklen Schatten sah mit einem weißen Gischtstreifen. Ich zählte die Minuten und sah nach vorn in die dunkle Nacht. Ich war heilfroh als mich der Capitano um Mitternaht ablöste. Ich wollte die schwarzen Wellen nicht mehr sehen und machte auf der Koje schnell die Augen zu. Die Windfahne tat erst mal ihre Arbeit, doch der Wind drehte auf SW und wurde sehr viel stärker. Wir drehten auf SO ab und der Capitano fuhr nur mit taschentuch großer Fock und 2. Reff. Er hatte von den SW Stürmen gehört, die hier wohl berüchtigt sind. Ich bekam kaum was mit und hörte nur wie die Wellen gegen das Boot stießen. Der Niedergang war mit den Schotten verschlossen, falls eine Welle einbricht. Es pfiff durch die Wanten und Fallen und schaukelte heftig. 2 Mal brachen die Kämme der Wellen in die Plicht. Der Capitano wurde eingesalzen, als es unter der Sprayhood, in die er sich gekauert hatte, in sein Ölzeug lief und den Rücken hinunter. Bis um ca halb 6 ging es so weiter. Dann drehte der Wind wieder auf NW und wir konnten wieder schön segeln. Wir hatten sogar ein paar Punkte auf die Karte malen können bei dem Geschaukel, aber es blieben nur wenige. Vor uns lagen die 30sm innerhalb derer es von 150m Tiefe auf 4000m ging. Dementsprechend ruppig waren die Wellen. Die etwas größeren kamen aus W, die kleinen rollten darüber aus NW an. Hört das denn nie auf, dachte ich. Der Capitano schlief und mir steckte noch die gestrige Nacht in den Knochen. Ich konnte anfangs noch segeln, aber dann ließ der Wind nach und wir motorten mit Großsegel, was leider keine Stabilität brachte. Irgendwann löste mich der Capitano ab und ich ging mit mulmigen Magen wieder in die Koje. Ich döste und hörte wieder einer Geschichte aus meinem MP3 Player. Lesen wäre fatal gewesen. Am Nachmittag hatten wir dann 4km blaues Wasser unter uns und die Wellen wurden länger und die Windsee beruhigte sich etwas. Hier ist das Wasser tiefblau. Nicht das dunkle Grün bis Silber der Ostsee. Der Capitano schlief gerade. Es war bewölkt und ich konzentrierte mich mal wieder nur auf den Horizont und dachte warum es denn nicht besser wird und was soll es auf dem Atlantik werden, wenn das hier seine Wellen sind. Weiter weg vor uns sah ich was Schwarzes aufblitzen. Ein langer schwarzer Rücken mit relativ kleiner Rückenflosse und drum herum schaumige See. Dann eine hohe Sprühfontäne. Aufgeregt rief ich den Petz. Er reagierte nicht. Was sollte ich tun? Einen Wal überfahren? Kommt man dafür ins Gefängnis? Ich nahm das Gas ein wenig weg und hoffte das ich nicht schon zu nah bin. Ich hab ja schon Stories von Segelbooten gehört die von einer Walflosse zerquetscht wurden. Ich hielt wieder meinen Kopf in die Kajüte um Petz zu rufen. Also bloß nicht zu nah an den Wal. Ich sah wieder den Rücken aufkommen oder vielleicht einen zweiten? Ich schrie aus vollem Halse nach Petz, der erst bei der Lautstärke eines Presslufthammers die Augen öffnete und fast aus dem Bett fiel. Ich zitierte ihn mit Kratzen im Hals ran und als ich ihm den Wal zeigen wollte, hing nur noch die Fontäne aus feinem Sprühnebel in der Luft; die sich langsam verzog. Der Wal war weg. Wir saßen noch in der Plicht und ich überlegte, daß es für mein eigenes Wohlergehen wie auch Petzens nicht sehr gut ist, daß er einen so festen Schlaf hat, wenn irgendwas passiert. Petzi erzählte noch von seiner Begegnung mit Walen auf den Azoren und ich beneidete ihn darum, daß er deren Schwanzflosse gesehen hat. Nachdem er wieder den Stein in der Koje spielte, fiel mir ein: „Bloß nicht nach Japan, Norwegen oder Island schwimmen!“ Der Ruf ging auf die unbeeindruckte See hinaus. Ich legte mir meine Wollmütze, Handschuhe und den dicken Wollpulli zurecht und einen Schokivorrat. Die lange Unterhose hatte ich schon an. Es ist eklig, wenn man nachdem es tagsüber heiß war und man geschwitzt hatte (besonders am ersten Tag) auf seine klebrige Haut lange Wäsche anziehen muß. Aber in der Plicht duschen wäre sinnlos gewesen, weil bei dem Geschaukel das Wasser überallhin gelaufen wär, nur nicht wo es hin soll. Die feuchten Waschlappen und Feuchttücher sind hier ein Segen. Dennoch bleibt dieses Gefühl des dreckig seins und ich beschloß die Mütze besser nicht mehr ab zu nehmen. Seit gestern abend begegneten wir keinem Boot mehr. Wir waren ganz allein und um uns herum nur Wasser. Wie das dort wohl in den 4km unter uns aussieht? Ich versuchte mir vorzustellen wie tief es ist und dachte an 4000m hohe Berge, vielleicht der Mount Blanc, den ich noch in Erinnerung hatte. Nur sah ich ihn damals schon von weiter oben als vom Meeresspiegel aus und das war schon hoch. Es ist verdammt viel Platz da unten für so viele Fragen. Ob die Seelen der im Meer Gestorbenen oder auf See Bestatteten dort unten ihr Paradies finden und alle Geheimnisse lüften? So eine Verbindung mit der unbekannten, geheimnisvollen Tiefe nach dem Tod ist sehr reizvoll. Nun, bei den Wassermassen unter uns kann man jedenfalls nicht von allein sein sprechen. Hier und da sah ich noch mal weiter weg Delphine und als es Nacht wurde, segelten wir wieder, diesmal mit O Wind. Es war ruhiger und die Wellen erträglicher. Dennoch war mir übel und ich hatte Kopfweh. Ich wollte das endlich los sein. Kein Mensch kann sowas von einem 3 Wochen lang verlangen. Unter Deck benebelt das Geschaukel meine Sinne und ich fühle mich etwas schwindelig. Ich kann kaum etwas machen und ich bin sehr lustlos. Nur das Hörbuch lenkte mich ab und ich schaute in die Weite. Der Nachthimmel war so riesig. Die Sterne waren so hell und klar zu erkennen, selbst die kleinen die sonst zu schwach leuchten und im Großstadtnebel komplett untergehen, sind hier zu sehen. Und alles war voll. Von Horizont zu Horizont einmal ganz herum. Die Milchstraße war deutlich und man hätte sie auch mit einer Wolke verwechseln können, wie sie sich wie ein Schleier über den Himmel zog. So weit und klar hat man den Sternenhimmel nur auf See, dachte ich, oder oben in den Bergen. Ich beobachtete auch einige Sternschnuppen, aber eigentlich hatte ich bald genug und wollte nur schlafen, aber der Chef du bateau muss sich auch ausruhen. Also nur durchhalten.... Um halb 2 war es endlich soweit und Petz löste mich ab. Ich putzte mir die Zähne, was ich auch unterwegs nicht vergaß, weil auch der angenehme Minzgeschmack ein wenig die Übelkeit vertreibt. Als der Petz hörte daß mir noch immer so unwohl ist gab er mir MCP Tropfen. Warum war ich nur nicht schon eher drauf gekommen, was gegen Seekrankheit zu nehmen? Ich dachte wohl mit dem Kopfschmerz und dem Frösteln, daß es sich um eine kleine Erkältung handelt – oder war ich nur total benebelt? Jedenfalls nahm ich die Tropfen und der Petz aß noch von unserem Weißkohlsalat. Am nächsten Morgen war mir immer noch unwohl und fröstelte, aber die Bauchgegend hatte sich etwas beruhigt. Der Tag war sonnig und wir hatten super Segelwetter. Endlich. Auch die Windsee war ruhiger und die langen Wellen schaukelten sanft. Vielleicht war es das oder die MCP Kaugummis, für deren Erfindung ich ich immer ein Gebet für den Erfinder spreche. Aber eigentlich braucht er die nicht, denn bei den Preisen für das Medikament, hat der sicher ne eigene Insel in der Südsee. Ich bereitete einen Obstsalat mit Yoguhrt und Zitrone und aß dem Petz fast alles alleine weg, während er noch schlief. Am Nachmittag legte ich mich noch für ein Stündchen aufs Ohr. Aber der Geruch des Kohls hielt mich wach. Er war doch seit heut morgen nicht mehr geöffnet worden? Ich übergab – nicht mich- sondern den Topf dem Petz, mit der Ausrede, daß ich mich sicher übergeben würde wenn ich ihn aufmachen würde und das Erwartete darin finden würde. Tja, ab da war auch dem Capitano nicht mehr gut. Er würgte leicht, aber er entsorgte den schlechten Salat wie ein Mann und übergab – nicht sich – sondern das Zeug dem Meer. Seine Übelkeit blieb noch. Er stellte sich wohl noch vor, daß er erst am Morgen noch davon gegessen hatte. Ich bin mir aber sicher daß er da noch nicht so grochen hatte. Ich denke es war der umgekehrte Placebo Effekt, der ihn krank machte anstatt zu heilen, nach der Einnahme. Inzwischen waren die Meilen so geschrumpft, daß wir einsahen, daß wir mit den 5kn zu gut gerechnet hatten und wir würden nachts um 2 ankommen. Bis Sonnenuntergang waren wir wieder auf 150m Tiefe und näherten uns unserem Ziel, Gijon, zu schnell. Die Wellen waren wieder steil und ruppiger. Diesmal sah der Capitano etwas und wir gafften zu den langen Rücken mit der typischen Rückenflosse. Weiter hinten sahen wir nur eine Fontäne aus dem Wasser stoben. Dann kam ein zweiter Rücken aus dem Schaum um ihn herum und wieder eine Atemfontäne des Wals. Es war schnell wieder vorbei und wir warteten umsonst auf die großen Schwanzflossen, die uns zuwinken sollten. Wow! Wir sind zu zweit, 2 Mal sind Delphine mit uns geschwommen, 2 mal Wale gesehen und um 2 sollten wir ankommen. Wenn das kein gutes Zeichen ist! Naja - und 2 Tage lang war mir schlecht. Ach - ich bin doch nicht abergläubisch.

Als wir uns Gijon näherten kam wieder Verkehr auf. Mehrere Frachter kamen von und fuhren nach Gijon. Wir hatten den selben Kurs wie ein irischer Frachter hinter uns, nur war er 3 mal schneller. Es war noch hell und er hatte noch Zeit seinen Kurs zu ändern. Tat er aber nicht. Wir warteten nun nervöser. Nix. Als wir meinten ihm genug Reaktionszeit ( die eines auf Morphin gesetzten 5Fingerfaultiers) gegeben zu haben, wichen wir aus. Er blieb die ganze Zeit, auch als er schon an uns vorbei war, auf dem selben Kurs. Alles klar. Warum sollte auch so ein Stahlkoloss ausweichen. Er hätte nicht mal ne Beule vom Zusammenstoß und Anima war nicht David. Der Capitano ging diesmal nicht um 5 in die Koje und wir beschlossen gemeinsam bis zur Ankunft wach zu bleiben. Das war ein Fehler. In der Nacht erst sahen wir Land, das sich leuchtend vom schwarzen Meer und dem klaren Sternenhimmel abhob. Der NO Wind ließ uns gut segeln, doch war die See mal wieder kabbelig und die kurzen steilen Wellen der Windsee liefen gegen den NW Schwell. Ich hatte die Schnauze gestrichen voll. Und ich war nur froh, daß ich die Wellen im Dunkeln nicht sehen mußte. Um 1 Uhr am 11.08. waren wir nur noch 6sm vom Hafen Gijons entfernt, aber die Wellen wurden höher. So hoch, daß wir im Wellental kurz das Land nicht mehr sehen konnten. Um uns herum tauchten mehere Lichter auf die mal da waren und im nächsten Moment wieder verschwanden – ein paar Fischerboote, aber nur eines war auf dem AIS angezeigt. Mehr als 3 hatten sich wohl bei dem Seegang nicht rausgetraut. Unser Problem war, bei Nacht in einen unbekannten Hafen zu fahren, in dessen Zufahrt sich wohl bei schlechter See die Wellen arg brechen und zur Gefahr werden. Dazu kam noch daß wir erst kurz vor der Hafeneinfahrt etwas geschützter wären, aber nicht vor dem Schwell. Es war uns zu gefährlich im Dunkeln hinein zu fahren. Also blieben wir erst mal draußen und ließen uns treiben. Wir wollten bis zum Morgengrauen warten. Mir fielen schon die Augen zu als ich in der Plicht saß. Über dem Land sah man nun dunkle Wolken aufziehen und wir waren übermüdet. Um 2 reichte es dem Chef dann und er motorte auf die nächste Landabdeckung (C Peñas) weiter westlich zu. Damit war aber klar, daß wir uns Gijon nicht mehr anschauen konnten, wenn der Wind so blieb. Ich war genervt. Bei dem gewackel mußte ich nun auch noch den Almanac wälzen nach einem Ausweichhafen. Erst steuerten wir einen im Fluß gelegenen Hafen an (Aviles), aber der war nur als Nothafen gedacht, ohne Marina und Duschen. Warm duschen war mir grad ein sehr großes Bedürfnis, fast genauso wie ein sich nicht bewegendes Bett. Als wir hinter der Landzunge waren wurde es schnell ruhiger und der Schwell allein war angenehmer. Ich zog noch mal die Karten auf dem Tablet zu rate und sah mir die Entfernungen genauer an. Da wir noch in den Fluß fahren mussten, hatten wir nach Aviles noch ca 8sm vor uns. Wenn wir weiter westwärts fahren, würden wir nach ca 17sm auf Cudillero treffen und es war zwar nicht beschrieben, aber es gab dort sicher duschen, auch wenn nur eine private Marina und ein Fischerhafen beschrieben war. Wenn ich es sogar recht verstand konnte man umsonst an den Bojen festmachen. Das und das wir im Morgengrauen (so um 6) ankommen sollten überzeugte auch den Capitano und wir fuhren weiter. Nach einem Energydrink, den wir uns teilten, hatten wir dann auch den toten Punkt der Nacht überschritten und es ging so mit der Müdigkeit, auch wenn wir aussahen wie die Besatzung eines Geisterschiffs. Wir hätten unbemerkt beim Fliegenden Holländer anheuern können. Als es dämmerte und wir noch 3sm entfernt waren bargen wir das Großsegel und motorten weiter. Der Kapitän machte die Positionslampen an und betätigte den Kippschalter um die Verbraucherbatterien über die Lichtmaschine zu laden. Ich ging kurz darauf in die Kajüte und es stank ekelig. Erst meinte der Capitano daß es wohl von draußen kommt, vielleicht eine Fabrik. Als ich aber raus ging, roch es drinnen definitiv stärker. Der Capitano, ganz nach seinem Vater, sprang hektisch auf und stürzte in den Niedergang riss die Motorabdeckung auf und roch. Es roch besonders stark an der Lichtmschine, die auch heiß war. „Motor aus! Motor aus!“ rief er. Ich machte den Motor aus und machte wieder die Fock auf. Als wir sahen das über Land Nebel aufzog, machten wir den Motor wieder an. Vorher waren wir soweit wie möglich gesegelt. Aber in die enge Einfahrt mußten wir mit Motor. Diesmal hatten wir alle Lichter aus und auch der Kippschalter blieb aus. Es stank auch nicht mehr. So fuhren wir, bei den eigentlich für den Hafen nicht so guten Wellen aus NW, in den Fischerhafen von Cudillero. Das erste was wir sahen, war daß wir mehrere Bojen zur Auswahl hatten. Das nächste war ein Dejavu. Bojen und wie macht man sich jetzt an denen fest? Wir fuhren erst mal hin zu einer einzelnen und ließen die die im Päckchen lagen links liegen. An den anderen Booten die hier lagen waren irgendwie mehrere Leinen befestigt und die Bojen hingen an Bord. Hähh??? Ich zog die Boje erst mal mit dem Enterhaken hoch. Das heißt ich habe versucht sie hochzuziehen. Petz stoppte ab und half mir. Am Ende der Bojenschnur hing längs eine weitere Leine, die irgenwo rechts und links von uns unter Wasser befestigt sein mußte. Aber wie macht man sich an dieser Leine fest? Da muß noch mehr sein unter Wasser. Also zogen wir an der Leine, erst hinten – nix nur Leine, dann vorn – ah ja da: eine Schlaufe in der Leine kam zum Vorschein und wir zogen sie glücklich über die vordere Klampe. Tja und nun? Vorne fest, aber dann schlenkern wir doch rum wie beim Ankern? Und alle anderen Boote standen fest mit ihren vielen Leinen in Reih und Glied längs zum Schwell, als wären sie auf eine Kette gezogen. Viel Platz war auch nicht. Die Boje war jetzt weiter hinter dem Heck gelandet, aber da war doch auch eine Schlaufe mit der sie an diesem Seil fest war? Wir zogen uns zurück und die Boje zu uns und machten die andere Schlaufe hinten fest. Wir schlingerten nun nicht mehr so sehr, aber in Reih und Glied mit den anderen waren wir auch nicht. Egal! Man kommt noch um uns herum.Wir ließen uns in die Plicht sinken öffneten nach 3 Tagen das erste Bier und strahlten uns an. Geschafft! Wir sind über die Biskaya. Dusche kann warten erst einmal Schlaf nachholen......

aktualisiert: 04.11.14

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