Immer mitten durch den Canal du Midi --Kanäle zweiter Akt-- Ein freudiges Wiedersehen

Nun lag der Canal du Midi vor uns. Wir hatten uns mit Tide-Jürgen verabredet, der nur einen Tag nach unserem Verlassen Port La Nouvelle erreichte und auf dem Weg über die Kanäle zur Biskaya war. Da es ihn nach Westen und uns nach Osten verschlug, sollten sich unsere Wege genau hier, am Port La Robine gleich wieder trennen. Da wir uns aber die Hafengebühren sparen wollten, fuhren wir noch etwas weiter in Richtung Toulouse um einen kostenlosen Anleger zu finden. Dank unseres Tiefgangs, kamen wir aber nirgends ran und die tieferen Anlegestellen waren schon von Privatbooten belegt (die übrigens alles was geht als Fender raushängen: leere Weinkanister, Hüpfbälle, Autoreifen, Tampen....) und so fuhren wir zurück zum Hafen. Dabei kam es dann bei einer Kanalbrücke zu einem netten Schauspiel. Die Wasserbrücke war recht eng, aber doch breit genug für zwei sich begegnenede Schiffe. Die Sonne schien, die Vögel zwitscherten, es war ruhig und entspannt. Uns entgegen kam ein Le Boat über die Brücke und wir waren kurz vor der Engstelle. Als hätte Zeus einen Blitz geschleudert dreht das Charterboot auf einmal, ohne ersichtlichen Grund hart nach steuerbord, treibt quer und schrammt mit lautem Krach mit dem Bug an der Brückenwand entlang. Wir in Panik vor dem auf uns zu schlingernden Boot, stoppen auf und treiben so selbst quer und Richtung Uferböschung. Wohin? Wohin? Dachten wir nur. Wenn er jetzt auf uns zu donnert können wir nicht ausweichen, wir hatten ja schon den Grund berührt. Nach einigem hin und her, quetschten wir uns ans rechte Ufer und das Charterboot schlingerte an uns vorbei. Puh. Das war ein Schreck! Da denkt man sich nichts Böses und dann sowas. Mit weichen Knien und etwas zu schnell brachten wir die Engstelle schnell hinter uns um weiteren Begegnungen aus dem Weg zu gehen. Der Puls beruhigte sich langsam wieder.

Kaum legen wir im Port la Robine an (der so flach ist, daß wir nur schräg mit dem Bug am Steg festmachen konnten) kommt auch schon Jürgen um die Ecke. Er legte sich zu uns, wir bezahlten und feierten unser Wiedersehen. Auch für ihn ist es ein Wagnis, aber watt mutt dat mutt. Er traf auch schon viele nette Leute und konnte sich durch diverse Einladungen zu internationalen Küchen auf anderen Booten einigermaßen mit seinem mastlosen und somit für ihn sinnlosen Dasein als Motorbootfahrer wieder versöhnen. Er erntete auch Respekt und Beifall durch seine Einhandtreidelkünste und verdiente sich auch einige Essen mehr, durch Leinen- und Knotenkunde. Lehrer halt ;) Wir freuten uns riesig ihn wieder zu sehen und mit Pipi in den Augen dachten wir schon an den Abschied der kurz darauf folgen sollte. Jürgen hatte sein DVBT Fernsehgerät gezückt und leckeren Schnaps und so machten wir uns einen gemütlichen Abend mit Spaghetti und der mit dem überraschenden Endergebnis Deutschland-Brasilien von 7:1 endete. Petzi's Mum, die uns per sms immer über den Spielstand informierte, gab nach dem 3. Tor auf und schrieb nur: Ich kann gar nicht so schnell die Tore schreiben, da ist schon das nächste Tor gefallen...

Am nächsten morgen trennen sich unsere Wege. Etwas neidisch schauen wir Jürgen hinterher, der noch meh(e)r Reise vor sich hat und schauen den nächsten paar hundert Schleusen entgegen, die uns Stückchen für Stückchen dem Ende unserer Reise entgegenbringen. Wwir fahren bis Capestang um uns zu proviantieren und stellen enttäuscht fest, daß es in den kleineren Ortschaften nur vollkommen überteuerte, kleine Läden gibt und ziehen mit einer 1,20 Euro Milchbutte weiter. In Colombiers sieht es genauso aus, dafür liegen wir die erste Nacht umsonst. Hier gibt es öfters solche Angebote, wie erste Nacht kostenlos liegen oder 3 Tage für den Preis von 2. Mit durchschnittlich 10 Euro/Nacht liegt es sich recht preiswert. Am 10.7. erreichen wir die Schleusentreppe von Fonseranes. 6 Schleusen auf einmal mit insgesamt 13,60m Hub. Das schafft man in Deutschland mit einer. Aber es geht ja um den Spaß beim Schleusen und sie ist ja auch so unglaublich alt. Meine Freude als Schleusenmuffel überschlägt sich dementsprechend. Meine Vorfreude wird noch durch 3 Stunden Wartezeit gestärkt und durch die Aussicht auf die vielen Charterer, die sich schon mit uns versammelt haben. Juhu! Das Highlight bilden 2 Charterboote, die aus der Gegenrichtung hochgeschleust wurden und bei Gegenwind vor dem Schleusentor beim Ausfahren quertreiben, ein kleines Motorboot einkeilen und alles blockieren. Eine ¾ Stunde und 6fache vereinte Männerkraft später haben die Teenicrews das Motorgetriebe so weichgekocht, daß die Charterboote sich eins nach dem anderen ergeben. Langsam, sich im Wind wiegend, wie ein Raubtier auf der Lauer fahren sie an der Anima vorbei, auf der die katastrophenerprobte Capitina mit Fender und Enterhaken bewaffnet, bereit steht zum Kampf David gegen Goliath. Doch die Monster ziehen, wohl eingeschüchtert, an ihr vorbei. Steffi ist ein bißchen enttäuscht, hätte sie sich doch endlich mal ein bißchen Luft machen können und Dampf ablassen, wo doch die französischen Schimpfwörter in der fremden Sprache am besten hängengeblieben sind. Als es dann endlich ans abschleusen geht, ist die ganze Aufregung verpufft und die Capitina ist mit Leinen bedienen und sich Wege durch die vielen Schaulustigen bahnen vollends beschäftigt. Wir sind zu viert und nur 50% Charterboote. Diese sind aber kleiner und machen ihre Sache sehr gut und da wir hinten liegen geht alles schadenfrei von statten und nur die vorderen Boote berühren sich hin und wieder mal. Wir sind glücklich über diese Fahrgemeinschaft und passieren auch gemeinsam weitere der ovalen Schleusen. Nach 5 weiteren Schleusen erreichen wir Agde und quetschen uns zwischen dem Schild 'Nur für Fahrgastschiffe' und vor einem Penichehotel an den Kai vor dem VNF Gebäude. Wir erkunden die Stadt und am nächsten Tag dürfen wir uns sogar ein Fahrrad gegen Pfand von der Peniche leihen. Petz versorgt uns mit Diesel und Royal Canin, während die Capitina kilometerweise Einkäufe schleppt. Neben uns hat eine Ratte ihr Loch. Das Rascheln am Abend erweckt Lotte's Wachinstinkt. Nur scheint sie eher das Loch zu bewachen, als unser Boot. Denn als Petz am Abend meint, daß hier irgendwas anders ist am Boot, als fehle etwas, fällt uns auf, daß unsere Solardusche in der Nacht wohl den Besitzer gewechselt hat. Da muß wohl noch jemand dringend ne Dusche gebraucht haben und sich unsere vom Deck gezogen haben. Eimerwäsche ist wieder angesagt. Am nächsten Tag passieren wir gleich mit der ersten Schleusungsöffnung um 8 die Ecluse ronde (runde Schleuse) und noch eine weitere und nähern uns dem Etang de Thau. Es herrscht gut Wind und wir legen uns erst mal an die Mole mit Brett als Abstandshalter um zu frühstücken und uns zu beraten, ob wir den sehr flachen See (stellenweise nur 2m) bei dem Wind passieren sollten. So richtig Lust auf Grundsee haben wir nicht, aber die Warnungen im Guide beziehen sich eher auf seeuntaugliche Schiffe und Mistral (aus NW) oder Grec (aus SO) haben wir nicht. Also wagen wir es. Es schaukelt zwar recht ungemütlich in den kurzen Wellen und die Gischt sprüht uns entgegen, dafür haben wir aber endlich wieder etwas Meerfeeling und Salz in den Lungen. Außerdem keine Charterboote in Sicht. Nur die halb gesunkenen Wracks von Seglbooten und sogar Fischern, notdürftig festgebunden an alte Betonkais kurz vor Sete lassen ahnen, daß es hier ganz schön ab gehen kann. Am frühen Nachmittag sind wir in Sete angekommen und biegen in den Canal du Rhone a Sete ein. In Frontignan angekommen wird uns klar, warum wir keine Charterboote und auch sonst nur ein zwei Boote unterwegs getroffen haben. Ein schweizer Pärchen erzählt uns, daß wegen den 6 bis 7 Bft, die Charterfirmen ein Fahrverbot für die Querung des Etangs ausgesprochen haben und auch sie selbst warten mit ihrem Motorboot schon seit Tagen auf weniger Wind um sicher zu queren. Kaum einer hatte sich dort mit einem Kanalboot in den vergangenen Tagen rüber getraut. Ach wie gut, daß Anima seetauglich ist!

 

aktualisiert: 04.11.14

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